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Donnerstag
19.02.2015

Medien / Publizistik

Eine alte Geschichte in neuem Aufguss versetzt zur Zeit die deutsche Medienszene in Aufruhr: Sebastian Heiser, ehemaliger Redaktor im Ressort Sonderthemen der «Süddeutschen Zeitung», erhebt auf seiner privaten Webseite schwere Vorwürfe gegen die Publikation. Diese habe auf den Sonderthemen-Seiten bewusst Redaktion und Werbung vermischt und sogar eine Anleitung zur Steuerhinterziehung gegeben.

2007 war Sebastian Heiser für zehn Wochen bei der Zeitung angestellt. Er behauptet, die Themen auf den Sonderthemen-Seiten seien danach ausgesucht worden, welcher Anzeigenkunde am meisten zahle.

Die Texte seien nicht mit einer kritischen Grundhaltung wie beim Journalismus üblich, sondern mit einer «freundlichen Grundhaltung» bearbeitet worden. So habe er bei einem Artikel über einen Investmentfonds geschrieben, dass das Anlagenziel eines bestimmten Fonds schwammig formuliert sei. Die Anzeigenabteilung habe ihm darauf nahegelegt, diesen Satz zu streichen. Unter dem Artikel erschien dann eine Anzeige des Anbieters ebendieses Fonds.

Bei einer Sonderseite zu Geldanlagen im Ausland sei eine indirekte Anleitung zur Steuerhinterziehung im Ausland gegeben worden, schreibt Heiser weiter. Er sieht darin eine Diskrepanz zur Berichterstattung der «Süddeutschen Zeitung» in Sachen Steuerhinterziehung.

Heiser veröffentlichte auch mehrere Gesprächsmitschnitte zwischen Mitarbeitern der Redaktion, in der diese darüber diskutieren, wie die Sonderseiten für Werbekunden noch attraktiver werden könnten.

Wolfgang Krach, stellvertretender Chefredaktor der «Süddeutschen Zeitung» stritt die Vorwürfe von Heiser ab. «Die Behauptung, der Text betreibe Schleichwerbung für Steuerhinterziehung, ist aus Sicht der Redaktion nicht nachvollziehbar», sagte er gegenüber dem Branchenportal Meedia.

«Für die Beilagen-Redaktion gelten dieselben journalistischen Grundsätze wie für die übrigen Ressorts der `Süddeutschen Zeitung` - die einer unabhängigen, wahrheitsgemässen, genauen und sorgfältigen Berichterstattung», sagte eine Sprecherin der Südwestdeutschen Medienholding.

Das Thema wird in den deutschen Medien und auf Twitter seit der Veröffentlichung der sogenannten «SZ-Leaks» heiss diskutiert. Wie viel Zusprüche dürfen seriöse Journalisten an Werbekunden machen? Sind Leserinnen und Leser nicht klug genug, Redaktion und Werbung zu unterscheiden? Oder gibt es eine stetige Aushöhlung der journalistischen Integrität, die gestoppt werden muss? Das sind die Fragen, die nicht erst durch «SZ Leaks» aktuell geworden sind.