In Österreich sorgt ein Kinoprojekt für eine hitzige Debatte. Das «Projekt Ballhausplatz» ist eines von insgesamt 15 neuen Kinoprojekten, die der ORF im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens fördern will.
Brisant an der Story: Beim Dokumentarfilm des renommierten Regisseurs Kurt Langbein geht es um den politischen Aufstieg des später gestrauchelten Kanzlers Sebastian Kurz.
Der Titel «Projekt Ballhausplatz» bezeichnet ein im Nationalratswahlkampf 2017 aufgetauchtes Strategiepapier, mit dem Kurz oder sein Umfeld die Übernahme der ÖVP-Parteiführung von Reinhold Mitterlehner minutiös geplant haben sollen. Das Papier beschreibt den Umbau zur türkisen «Neuen Volkspartei» und die ersten 100 Tage nach dem Einzug von Kurz ins Kanzleramt.
Nach dem Bekanntwerden dieser Absichten hatte die ÖVP massive Zweifel an der Echtheit des Papiers angemeldet – später musste eingeräumt werden, dass Teile doch echt seien.
Die ÖVP sieht nun im geplanten Kinofilm zu diesem Thema «linke Parteipropaganda». Nach allem, was man bisher wisse, «wird das bloss eine links-linke Verleumdung des ehemaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz.»
Dafür dürfe der ORF kein Geld ausgeben. «Man muss hier ganz klar nochmal in Erinnerung rufen: Es ist unser aller hart verdientes Geld, das hier für mediale Denunzierung rausgeschmissen wird.»
Auf der Homepage des Österreichischen Filminstituts heisst es zum geplanten Film in einer kurzen Beschreibung: «Wie es einer Gruppe junger Männer gelang, die Regierung zu übernehmen und bis an den Rand der Demokratie zu führen. Was die ‚Prätorianer‘ antrieb und weshalb ihnen fast das ganze Land zu Füssen lag. Warum die europäische Öffentlichkeit dies bestaunte und bewunderte.»
Im antiken Rom waren die Prätorianer die kaiserliche Garde. Im Zusammenhang mit dem Ex-Bundeskanzler Kurz wurde damit oft sein nächstes Umfeld an Beratern und Vertrauten tituliert.
Die harsche ÖVP-Kritik am geplanten Film ist auch vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung über die künftige ORF-Finanzierung zu sehen. Wie der ORF künftig finanziert wird, darüber gibt es derzeit harte Verhandlungen zwischen Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) und ORF-Generaldirektor Roland Weissmann.
Eine andere Haltung zum Projekt hat der stellvertretende Vorstand des Instituts für Publizistik der Uni Wien und Präsident der Österreichsektion von Reporter ohne Grenzen: Fritz Hausjell verteidigte die Idee. «Würde der ORF nicht kofinanzieren, müsste man ihm vorwerfen, dass er ein solides Projekt eines der renommiertesten Dokumentarfilmer Österreichs aus Angst, anzuecken, nicht unterstützt.»
Der Kinostart für den abendfüllenden Kurz-Film ist im Herbst anvisiert.