Buzzfeed in den USA, Mediapart in Frankreich oder Project R in der Schweiz: Mit journalistischen Start-ups werden laut dem deutschen Kommunikationswissenschaftler Christopher Buschow «grosse Hoffnungen» verbunden. In einer aktuellen Studie hat er das Potenzial von 15 jungen Unternehmen untersucht und kommt zu «ernüchternden Ergebnissen».
In seiner Arbeit ist Buschow der Frage nachgegangen, ob solche Medien-Start-ups den Journalismus in Zeiten von rückläufigen Leserzahlen und Werbeeinnahmen retten können. Seine Antwort: «Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Start-ups entgegen manchen Erwartungen kein Allheilmittel für die Probleme des professionellen Journalismus sein werden.»
In einem Artikel über seine Arbeit für den österreichischen «Standard» erläutert er die Gründe für diese pessimistische Erkenntnis. Einen Grund sieht er darin, dass neue Medienunternehmen vorwiegend versuchen würden, die journalistischen Berufsstandards in digitale Medienumgebungen zu übertragen.
«Die Gründer der Start-ups konzentrieren sich auf die Produktion von qualitätsvollen Inhalten, wie sie sich in den von Kostensenkungen gebeutelten Redaktionen zunehmend seltener vorfinden», schreibt Buschow. Gewinnerzielungsabsichten, Wachstumsambitionen oder eine ertragreiche Unternehmensveräusserung würden dabei nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Zudem würden sich manche Neuunternehmer an «alten Traditionen» orientieren und das Erlösmodell der Tageszeitungen kopieren. «So geraten sie jedoch in diesselben Probleme wie etablierte Medienhäuser: «Auf Seiten der Leser besteht kaum Zahlungsbedarf für Online-Inhalte, Anzeigenkunden platzieren ihre Werbung nur noch zurückhaltend in journalistischen Umfeldern», so der wissenschaftliche Mitarbeiter an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover.
Neue Erlösquellen sehe er dort, wo Nischenthemen besetzt würden. «Die Studie zeigt: Je mehr sich die Berichterstattung eines Medien-Start-ups an die Gesamtgesellschaft richtet, desto schwerer fällt das Geldverdienen», erklärt Buschow seine Resultate.
Einen weiteren Grund für das beschränkte Potenzial der jungen Firmen macht er darin aus, dass deren Gründer nicht selten ihre «komplexe Doppelrolle» als Journalist und Manager unterschätzen würden. So würden «traditionell eigentlich unvereinbare Aufgaben» parallel übernommen, die noch dazu in Konkurrenz zueinander geraten können.
Zusätzlich seien die «Gründerteams» oft zu homogen besetzt. «Viele Gründer haben klassisch Karriere gemacht - Journalistenschule, Volontariat, Festanstellung bei Zeitung oder Rundfunk», so der Kommunikationsforscher. «Sie sind keine Exoten oder Quereinsteiger, die neue Handlungs- oder Denkweisen in den Journalismus tragen.» Eine Ausnahme sieht er im Schweizer Project R: Hier habe sich ein Team formiert, das Herausforderungen in der Gründung mit komplementären Fähigkeiten «geschickter» angehen wolle.