Eine Sandwich und Kleingeld klauende Doris Fiala und sechs weitere nationale Politikerinnen und Politiker ziehen seit Sommer durch die sozialen Medien. Sie kämpfen gemeinsam gegen die zur Abstimmung anstehende AHV-Reform. Mit überschaubarem Schauspieltalent und plumpen Inszenierungen sorgten sie für mediale Häme.
Der 24. September 2017 hat das Potenzial, in die Schweizer Polithistorie einzugehen: Es könnte der Tag sein, an dem der Generationenkrieg ausbrach, an dem die Jungen die Alten nicht mehr bezahlen wollten, an dem die Alten fortan arm und verwahrlost sterben werden.
Ein mögliches Schreckensszenario haben unter anderem Doris Fiala, FDP-Frauen-Präsidentin, und Andri Silberschmidt, Präsident der Jungfreisinnigen, theatralisch inszeniert. Fiala spielt dabei eine dreiste Geschäftsfrau, die dem Strassenmusikanten Silberschmidt das verdiente Kleingeld aus dem offenen Gitarrenkoffer stiehlt.
Eine ähnliche Szene spielte sich in einem urchigen Lokal ab: Der als Gast verkleidete Toni Bortoluzzi, ehemaliger SVP-Nationalrat, zückt dem alkoholgetränkten und dösenden Erich Hess, seines Zeichens amtierender Nationalrat für die Volkspartei, einen Schein aus dem Portemonnaie. Die Inkognito-Inszenierungen der Politiker kursierten als amateurhafte Kurzvideos unter dem Profil «Frau Ungrächt» auf Facebook und erreichten damit Hunderttausende.
Am Montag offenbarte der Schweizerische Gewerbeverband (sgv) in einer Mitteilung, dass dieses Strassentheater zum «Kampf gegen die ungerechte AHV-Reform» lanciert wurde. Gleichzeitig wurden die Namen der involvierten Polit-Prominenz bekannt gegeben. Die SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger, die in einem weiteren Video eine Pflegerin mimt, findet: «Diese Reform geht voll auf die Kosten der heutigen Rentner. Das wollen wir mit dieser Schauspiel-Aktion zeigen.»
Ob sich dieses ungewohnte Vorhaben nicht negativ auf die politischen Karrieren der Laiendarsteller auswirkt, wird sich noch zeigen. Jedenfalls reagieren einige Facebook-User auf die Handy-Videos mit Kommentaren wie: «Schön gestellt!», «Fake!» oder «Ich würde zuerst Schauspielunterricht nehmen». Hingegen empfindet eine unbeirrte Doris Fiala die Theateraktion laut Kommuniqué als «unkonventionelle Art, um auf die massiven negativen Auswirkungen dieser Scheinreform aufmerksam zu machen».
In der Schweiz der Zukunft tummeln sich also diebische Rentner und klauen den Jungen ihre monetären Reserven. Das vermittelt jedenfalls die Botschaft des Nein-Komitees, während Silberschmidt in der Mitteilung pathetisch proklamiert: «Das ist eine Kündigung des Generationenvertrags».