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Montag
05.06.2023

Medien / Publizistik

Bundesrat bringt Paradigmenwechsel in Spiel: Das Geschäftsfeld von Keystone-SDA könnte öffentlich ausgeschrieben werden. (Bild © admin.ch)

Bundesrat bringt Paradigmenwechsel in Spiel: Das Geschäftsfeld von Keystone-SDA könnte öffentlich ausgeschrieben werden. (Bild © admin.ch)

Seit mehreren Jahren ist das Wohl und Wehe von Keystone-SDA ein Dauerthema in der politischen Debatte. In einem Bericht skizziert der Bundesrat nun drei mögliche Zukunftsszenarien, inklusive eines Paradigmenwechsels.

Dass es neue Szenarien braucht, ist unbestritten. Bei den meisten Kennzahlen steht Keystone-SDA bekanntlich in der Kreide: Mit Ausnahme der beiden aussergewöhnlichen Geschäftsjahre 2019 (als Keystone und SDA fusionierten) und 2021 (als der Bund Corona-Hilfe verteilte) waren die Zahlen der Nachrichtenagentur in den letzten Jahren zuverlässig im Minus

Und dies, obwohl der Bund der Agentur mit Millionenbeträgen unter die Arme griff: Ursprünglich hatte er mit Keystone-SDA eine zweijährige Leistungsvereinbarung abgeschlossen, die eine finanzielle Unterstützung in der Höhe von jährlich zwei Millionen Franken für 2019 und 2020 vorsah.

Ende 2020 wurde eine neue Vereinbarung unterzeichnet, mit der die Unterstützung für 2021 von zwei auf vier Millionen Franken verdoppelt wurde. Diese Vereinbarung wurde für das Jahr 2022 verlängert und für 2023 erneuert.

Soweit der Status quo, der auch schon das erste Szenario umreisst, das der Bundesrat in dem von SP-Nationalrat Jon Pult bestellten Bericht präsentiert: weiter wie bisher. 

Dabei setzt der Bundesrat voraus, dass die Medienbranche willens und auch fähig ist, «mit der derzeitigen Unterstützung des Bundes den Fortbestand der Nachrichtenagentur selbst zu sichern», wie es in dem Bericht etwas widersprüchlich heisst.

Und weiter: «Die Agentur bleibt eine gewinnorientierte Aktiengesellschaft und wird weiterhin hauptsächlich durch Abonnementseinnahmen und Einlagen ihrer Aktionäre finanziert. Bei diesem Status quo versteht es sich von selbst, dass es allein den Aktionären des Unternehmens obliegt, die Führung der Agentur zu organisieren. Das bedeutet auch, dass der Besitz der Agentur allen natürlichen oder juristischen Personen offensteht, die die Anteile an der Agentur erwerben, unabhängig von ihrer Nationalität.»

Damit rechtfertigt der Bundesrat den 30-Prozent-Anteil, den die Austria Presse Agentur an Keystone-SDA hält.

Die schönsten Szenarien sind ihr Papier nicht wert, wenn man nicht auch fest dran glaubt. Das scheint beim Bundesrat in puncto Status quo nicht wirklich der Fall zu sein. So schreibt er: «Angesichts der Abwanderung wichtiger Kundinnen und Kunden, der finanziellen Schwierigkeiten eines Teils der Kundschaft, der der Agentur noch treu geblieben ist, sowie der Personalkürzungen dürfte sich die Situation in nächster Zeit nicht verbessern.»

Daher Szenario zwei: «Subventionen». Oder genauer: «Erhöhung der finanziellen Unterstützung und Ausweitung des Kreises der elektronischen Medien, die von den subventionierten Dienstleistungen profitieren können».

Das heisst: Keystone-SDA bliebe sich rechtlich und organisatorisch treu, während jedoch die Finanzhilfe des Bundes im Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) umformuliert würde. Die Leistungsvereinbarung, die derzeit auf abgabenfinanzierte Radio- und Fernsehsender ausgerichtet ist, würde damit in Zukunft «die Bedürfnisse aller elektronischen Medien berücksichtigen».

Im Kern wäre Szenario zwei also eine Neuauflage jenes Szenarios, das in dem im Februar 2022 an der Urne gescheiterten Medienpaket vorgesehen war.

Szenario drei dagegen wäre ein Paradigmenwechsel: Das Geschäftsfeld von Keystone-SDA würde öffentlich ausgeschrieben und an den Meistbietenden vergeben, so wie dies bei den Konzessionen der lokalen Radio- und TV-Sender gemacht wird.

Weil mehr Geld flösse und die Agenturleistungen nun auch hochoffiziell mit dem Service-public-Siegel geadelt würden, könnte der Bund logischerweise auch mehr mitreden.

«Denkbar wären eine angemessene Vertretung des Mediensektors, eine nationale Verankerung oder Bestimmungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten zwischen den Rollen als Aktionär und als Kunde der Agentur oder ein nicht gewinnorientierter Charakter des Unternehmens für den Bereich, auf den sich der Leistungsauftrag bezieht», schreibt der Bundesrat zu Szenario drei, das er an anderer Stelle auch als «Verstaatlichung eines historisch liberalen Marktes» bezeichnet.

Apropos liberaler Markt: Nebst dem erwähnten 30-Prozent-Anteil der Austria Presse Agentur gehört Keystone-SDA heute zu 20,56 Prozent der TX-Group und stellt mit Ueli Eckstein, dem langjährigen Tamedia-Verlagsmanager, auch den Verwaltungsratspräsidenten.

Die NZZ-Mediengruppe wiederum hält 7,98 Prozent, die SRG 7 Prozent und Médias Suisse ist mit 6,84 Prozent beteiligt. Der restliche Anteil von 27,62 Prozent besitzen weitere Schweizer Medien und Privatpersonen.