Ab dem 31. Mai muss sich der berühmte Kinder- und Modefotograf Achim Lippoth gegen den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern vor dem Landgericht Köln verteidigen. Die Staatsanwaltschaft Köln listet in ihrer Anklageschrift 17 Taten auf, wie das Magazin der «Zeit» in einer Vorausmeldung für eine grosse Enthüllungsgeschichte in der Ausgabe vom 25. Mai ankündigt.
Die Anklage werfe Lippoth zwölf Fälle von schwerem sexuellem Missbrauch sowie vier Fälle von sexuellem Missbrauch vor, in einem Fall geht es um den Besitz von kinderpornografischem Material. Betroffen sollen insgesamt sechs Kinder sein. Alle sollen für ihn in der Vergangenheit als Kindermodels tätig gewesen sein.
Laut Anklageschrift reichen die Taten bis ins Jahr 1999 zurück und sollen bis Juni 2021 gedauert haben. Achim Lippoth sitzt inzwischen seit mehr als neun Monaten in Untersuchungshaft. Er bestreitet die Vorwürfe.
Achim Lippoth fotografierte unter anderem für die «New York Times», «Vogue», «Spiegel», das «Süddeutsche Zeitung Magazin» sowie auch für die «Zeit». Als Mode- und Werbefotograf arbeitete er für international erfolgreiche Firmen, unter anderem Dolce & Gabbana, McDonald’s, Zara oder Kinderschokolade.
Mit seinen Bildern gewann Lippoth in Cannes fünf Löwen. Er gründete zudem ein Magazin für Kindermode: «Kid’s Wear», das mit etlichen Branchenpreisen ausgezeichnet wurde, so etwa Lead- und ADC-Awards.
Ausserdem fotografierte er auch eine Kampagne gegen sexuellen Missbrauch für die Nichtregierungsorganisation Innocence in Danger. Der damalige Slogan lautete: «Sexually abused children are betrayed by someone they trust.» Übersetzt: «Sexuell missbrauchte Kinder werden von jemandem betrogen, dem sie vertrauen.»
Das soll laut Recherchen der «Zeit» auch bei seinen eigenen Fällen funktioniert haben. So habe Lippoth die Opfer, die in der Regel zwischen sieben und 13 Jahre alt waren, zunächst immer wieder fotografiert und im Laufe der Zeit für sie «die Rolle eines erwachsenen Freundes oder zum Teil auch eine Vaterrolle» eingenommen. Auch mit den Eltern soll Lippoth sich angefreundet haben.
«Im Zuge dieser freundschaftlichen Kontakte beziehungsweise familienähnlichen Zusammenschlüsse» habe er die Lage ausgenutzt. Diese liessen ihre Kinder gemäss «Zeit»-Recherchen teilweise über Wochen allein mit Lippoth verreisen. Auf diesen Reisen hätten die Opfer häufig im selben Hotelzimmer geschlafen.
Nachdem die Redaktion Hinweise über mögliche Übergriffe durch Lippoth erhalten hat, haben zwei Autoren monatelang an diesem Fall recherchiert und exklusiv mit Dutzenden Personen aus Lippoths Umfeld gesprochen. Viele von ihnen wurden nie von den ermittelnden Stellen befragt. Ausserdem zeigen die Recherchen «eklatante Fehler in der Ermittlungsarbeit der Polizei». Über die letzten 25 Jahre hatte es bereits drei Anzeigen gegen Achim Lippoth gegeben. Erst bei der vierten Anzeige im Juni 2021 begann die Polizei mit umfangreichen Ermittlungen.