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Freitag
23.12.2016

Medien / Publizistik

Die Redaktion des finnischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks (YLE) steht nach Informationen von Reporter ohne Grenzen (ROG) unter dem Druck der Regierung: Nachdem Ministerpräsident Juha Sipilä 20 E-Mails an die Redaktion geschickt hatte, soll die Veröffentlichung kritischer Artikel gestoppt worden sein.

Sipilä habe sich in den E-Mails über einen Artikel beschwert, der ihm Interessenkonflikte vorwirft: YLE berichtete, dass ein Stahlunternehmen, an dem Sipiläs Familie beteiligt ist, einen Auftrag über 500 000 Euro von einer staatlichen Minengesellschaft erhalten haben soll.

Der finnische Ministerpräsident bestreitet sowohl den Interessenkonflikt als auch den Vorwurf, die Redaktion von YLE unter Druck gesetzt zu haben. Nach den Beschwerdemails soll die YLE-Chefredaktion die Anweisung erteilt haben, nicht weiter über die möglichen Interessenkonflikte Sipiläs zu berichten.

In der vergangenen Woche kündigten daraufhin zwei Journalisten ihre Stellen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk Finnlands. Die YLE-Journalistin Salla Vuorikoski begründete diesen Schritt mit der «Kultur der Zurückhaltung», die beim Sender herrsche. Der Spielraum des investigativen Journalismus sei begrenzt.

Mit Jussi Eronen kündigte gleichzeitig ein leitender Reporter seine Stelle: Grund seien «Meinungsverschiedenheiten mit der YLE-Geschäftsleitung»: Vorgesetzte hätten ihn unter Druck gesetzt, gegen seine journalistischen Standards zu verstossen.

Reporter ohne Grenzen fordert nun von Finnland, das auf der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit an erster Stelle steht, mit einer unabhängigen Untersuchung über die Hintergründe der Kündigungen aufzuklären. Ansonsten sieht ROG das Ansehen von YLE als glaubwürdigen Rundfunk gefährdet.