Der SVP-Parteipräsident Toni Brunner hat mit seinen Äusserungen in der «Tagesschau» den SRG-Ombudsmann auf den Plan gerufen. Ein Zuschauer hatte beanstandet, dass Brunner in der Sendung vom 24. August in einem Beitrag über die Parteiversammlung der Regierung Landesverrat vorgeworfen habe.
«Was der Parteipräsident der SVP äusserte, war eine üble Beschimpfung der Landesregierung», so der Beanstander. Besonders der Fokus des Berichts, der auf die Aussage Brunners gelegt wurde, störte ihn. «Dass die `Tagesschau` diese Beschimpfung mit einem hohen Stellenwert weiterverbreitete, ist unakzeptabel!»
«Tagesschau»-Redaktionsleiter Urs Leuthard hält die Berichterstattung dagegen für angemessen. «Die `Tagesschau` bekennt sich bei solchen Veranstaltungen, die für das breite Publikum oft nicht besonders interessant sind, zu einer Chronistenpflicht», heisst es in seiner Stellungnahme. «Gleichzeitig versuchen wir auch, in der kurzen Zeit der Berichterstattung einen gewissen Fokus zu setzen, weil es normalerweise kaum möglich ist, über alle Themen, die an der DV zur Sprache kommen, zu berichten.»
Dass die Reporterin die institutionelle EU-Frage und die Rede des Parteipräsidenten in den Fokus gestellt habe, halte er für einen richtigen Entscheid, zumal die Aktualität eines der wichtigsten Kriterien für die «Tagesschau» bei der Themenwahl und der Themenfokussierung sei. Die Reporterin habe zudem weitere Themen angesprochen und auch Bundesrat Ueli Maurer zu den Vorwürfen seines Parteipräsidenten befragt.
Ombudsmann Achille Casanova zeigte Verständnis für die Beschwerde. «Wie Sie bin ich ebenfalls der Auffassung, wonach die Bezeichnung der aktuellen Europapolitik des Bundesrates als `Landesverrat` und die Bundesräte selber als `Landesverräter` als sehr bedenkliche verbale Verrohung anzusehen ist», teilte er dem Beschwerdeführer mit.
Er kommt allerdings zu einem anderen Schluss. «Meines Erachtens hatte die `Tagesschau` nicht nur das Recht, sondern geradezu die Pflicht, über die schweren Anschuldigungen von Herrn Nationalrat Brunner gegen den Bundesrat zu berichten», so Casanova.
Die massive Kritik - und auch die Art und Weise von Brunners Äusserungen - sei eine relevante Information. Ebenso das Interview mit Bundesrat Maurer, der sich mit dem Hinweis, wonach es ihm nicht immer gelinge, die bundesrätlichen Entscheide in seinem Sinne zu beeinflussen, indirekt von dem kollegialen Entscheid distanziert habe.
Selbstverständlich könne man sich fragen, ob es notwendig gewesen sei, in der «Tagesschau» über die verbalen Angriffe von Nationalrat Brunner derart prominent zu berichten. «Andere Medien waren etwas zurückhaltender», hält der Ombudsmann fest.