Ombudsmann Achille Casanova fordert die Verantwortlichen von SRF auf, dem Frauensport mehr Gewicht zu geben. Dies als Reaktion auf eine Konzessionsbeschwerde eines Zuschauers, der dem Schweizer Fernsehen vorwarf, Frauensport und damit die Frauen allgemein im staatlichen Schweizer Sportfernsehen klar und systematisch zu diskriminieren.
Der Zuschauer beanstandete, dass die Spiele der obersten Ligen im Frauensport in den Mannschaftssportarten, sei es Fussball, Handball oder Eishockey, nur am Rande unter «ferner liefen» übertragen würden. «Durch diese klare Benachteiligung des Frauensports wird die Tatsache zementiert, dass die Frauen ihren Sport nur als Amateurinnen betreiben können, sie werden dadurch bei der Suche nach Sponsoren usw. benachteiligt, und damit wird verurteilt.»
Betroffen seien insbesondere die Ausgaben von «Tagesschau», «10 vor 10» sowie der Sportsendungen «Sport Aktuell» und «Sportpanorama» gewesen. In einem Zeitraum von drei Monaten würden so 270 Einzelbeschwerden gegen die «Tagesschau», 70 Einzelbeschwerden gegen «10vor10» und 80 Einzelbeschwerden gegen «Sport Aktuell» und «Sportpanorama» zusammenkommen, rechnete der Zuschauer vor.
Dieser fordert nun, dass der Berichterstattung über die Fussballspiele der Frauen in den obersten Ligen ungefähr gleiche Sendezeit eingeräumt wird wie den entsprechenden Spielen in den obersten Ligen der Männer.
Nök Ledergerber, Programmreferent Sport von SRF, begründet die ungleiche Berichterstattung mit der sogenannten «Follower-Strategie». «Erst nach den Erfolgen des Langläufers Dario Cologna wurde die Berichterstattung nach und nach in den SRF-Sportsendungen ausgebaut», nennt Ledergerber ein Beispiel. «Langlauf hat sich im Laufe der Jahre von einer Randsportart zu einer gut beachteten (Fernseh-)Sportart entwickelt.» Das gelte etwa auch für Biathlon, wo der Schwerpunkt bei den Frauen liege.
Dass die Frauennationalmannschaften im Fussball und Eishockey weniger ausführlich behandelt werden als die Männer, führt Ledergerber auf die ausbleibenden Erfolge zurück. «Noch nie hat sich ein Team für eine EM- oder WM-Endrunde qualifizieren können, auch nicht für Olympische Spiele», meinte er. «SRF Sport erachtet es in publizistischer Hinsicht als wenig sinnvoll, flächendeckend über die nationale Meisterschaft im Frauenfussball zu berichten, auch nicht über Länderspiele. Mit Blick auf die beschränkten Ressourcen müsste unter Umständen auf andere Sportarten (oder einen Teil der Fussballmeisterschaft der Männer) verzichtet werden.»
Ombudsmann Achille Casanova zeigt Verständnis für die Beanstandung, wies aber darauf hin, dass es keinen Anspruch darauf gebe, dass ein Fernsehveranstalter Informationen gegen seinen Willen ausstrahlen müsse. Da die Verantwortlichen von SRF bei den meisten Sportarten keinen Unterschied von Frauen und Männern machen, sei es falsch, von einer Diskriminierung der Frauen zu sprechen.
«Anders kann man dagegen die Lage bezüglich Fussball und Eishockey ansehen», so Casanova. In diesen Sportarten habe er festgestellt, dass bei der Berichterstattung über diese zwei Sportarten die Frauen benachteiligt seien.
Casanova wollte den Vorwurf der systematischen und unzulässigen Diskriminierung des Frauensports zwar nicht unterstützen. Er empfiehlt den Verantwortlichen von SRF, dem Eishockey und Fussball der Frauen eine grössere Beachtung zu schenken, «auch wenn dies im Rahmen der Freiheit von Radio und Fernsehen nicht als gesetzeswidrige Diskriminierung des Frauensports angesehen werden kann».