Nach den Schlagzeilen folgt jetzt die Vertiefung. Ein neuer Spotify-Original-Podcast «Boys Club - Macht & Missbrauch bei Springer» schaut sich das System hinter dem ehemaligen «Bild»-Chef Julian Reichelt an.
Die Produktion lässt dabei Menschen zu Wort kommen, die den mutmasslichen Machtmissbrauch im Hause Axel Springer «selbst erlebt haben», wie Spotify zur Ankündigung des neuen Podcasts mitteilt.
Pia Stendera, Journalistin und Podcast-Host, blickt gemeinsam mit der Journalistin Lena von Holt hinter die Fassade des wohl mächtigsten Medienkonzerns Deutschlands. Für den achtteiligen Podcast haben die beiden mit über 40 aktuellen und ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Axel Springer gesprochen. Dabei kamen über 80 Stunden Material zusammen, die Arbeit am Podcast dauerte über ein Jahr.
Julian Reichelt soll in seiner Zeit als Chefredaktor der «Bild»-Zeitung sexuelle Beziehungen mit Volontärinnen, Praktikantinnen und jungen Mitarbeiterinnen des Springer-Verlags gehabt haben.
Ihm wird vorgeworfen, seine Macht gegenüber den ihm unterstellten Frauen missbraucht, berufliche und private Beziehungen zu Mitarbeiterinnen vermischt und Abhängigkeitsverhältnisse ausgenutzt zu haben. Das Machtgefälle sei gross gewesen, die betroffenen Frauen von seiner Gunst abhängig. «Doch um zu verstehen, was im Fall Reichelt wirklich passiert ist, reicht der Blick auf den mutmasslichen Täter nicht aus. Denn Machtmissbrauch scheint in der Geschichte des Verlags kein Einzelfall zu sein», heisst es zum umfangreichen Dokument.
«Noch nie sind wir in einer Recherche auf so viel Zurückhaltung, ja sogar Angst gestossen. Auch wenn jeder die ‘Bild’ und Axel Springer kennt: Kaum einer weiss, wie das System funktioniert. Wir haben hinter die Fassade geblickt», fasst Pia Stendera zusammen.
«Boys Club – Macht & Missbrauch bei Springer» ist die erste Kooperation zwischen der Produktionsfirma TRZ Media von Jan Böhmermann und Spotify.
Pia Stendera ist Reporterin, Autorin und Podcast-Host. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit der Frage, wie Macht in unterschiedlichen Kontexten wirkt – «immer mit dem Ziel, gut recherchierte Geschichten so zu erzählen, dass sie Gehör finden». In der Vergangenheit schrieb sie vor allem längere Texte, die unter anderem in der «taz», bei Übermedien und Zeit Online erschienen. Besondere Aufmerksamkeit erhielt sie für ihre Berichterstattung über den Anschlag von Halle.
Lena von Holt ist freie Journalistin in Berlin und beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit Machtfragen, insbesondere mit Feminismus und Demokratie. Seit 2018 berichtet sie für Medien wie den Deutschlandfunk, die «Zeit» und «The Guardian» aus dem In- und Ausland.