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Sonntag
28.02.2010

Was haben Überflieger Simon Ammann, Fussballer Ronaldinho, SVP-Nationalrätin Natalie Rickli und eine Gruppe junger unbekannter Snowboarder gemeinsam? Sie alle sind auf dem Titelbild der aktuellen «Sport Woche». Die Macher des neuen Sportmagazins treiben es bunt. Von den Olympischen Winterspielen über Fussball, Eishockey, Handball bis zu Jugendlichen im Skilager - das Heft mit einer Auflage von 75 000 ist für 4,50 Franken pro Ausgabe prall gefüllt. Vielleicht aber auch deshalb, weil die «Sport Woche» ein (noch) mageres Inseratevolumen hat. Chefredaktor Marcel Siegenthaler im Gespräch mit dem Klein Report über Inserate, Randsportarten und billiges Papier.

Klein Report: Beim Durchblättern des Magazins fällt auf, dass das Inserate-Volumen eher klein ist, wie finanziert Ihr Euch?

Marcel Siegenthaler: «Nennen Sie mir mal eine Tages- oder Wochenzeitung, deren Inserate-Volumen zurzeit nicht klein ist. Zum Glück ist der klassische Inserate-Verkauf bei uns nur eine flankierende Massnahme. Selbstverständlich darf man in der `Sport Woche` Inserate schalten - je mehr, desto besser. Aber unser Businessplan basiert nicht auf exorbitanten und damit auch utopischen Inserate-Einnahmen. Wir wollen uns durch Kooperationen, Partnerschaften finanzieren. Mit Swisslos und Swiss Olympic sind wir für alle Seiten interessante Kooperationen eingegangen - andere werden folgen. Wir dürfen feststellen, dass viele Player im Schweizer Sport auf eine nationale Sportzeitung als Plattform gewartet haben. Finanziell interessant sind vor diesem Hintergrund auch journalistische Specials. Im Auftrag von Odlo durften wir schon in der ersten Ausgabe ein Special über den America`s Cup beilegen. Weitere werden folgen.»

Braucht es denn überhaupt ein wöchentliches Sport-Magazin?

Marcel Siegenthaler: «Ja, der Schweizer Sport mit all seinen Verbänden, Vereinen, Event-Veranstaltern und Sponsoren hat ein derart grosses (Finanz-)Volumen, dass eine Sport-Wochenzeitung eine Existenzberechtigung und auch eine Existenzgrundlage hat. Kommt hinzu, dass die grossen Regionalzeitungen Sparübung um Sparübung umsetzen müssen. Darunter leiden auch die Sportredaktionen, die zunehmend ausgedünnt werden und an Kompetenz verlieren. Der `Tages-Anzeiger` beispielsweise versteckt die Sportseiten mittlerweile sogar zuhinterst im Wirtschaftsressort. All dies macht mich für die Zukunft der `Sport Woche` zuversichtlich. Die Schweiz ist zwar zu klein für eine Sport-Tageszeitung, ein vernünftiges Wochen-Projekt wie die `Sport Woche` sollte allerdings in absehbarer Zeit finanzierbar sein.»

Die «Sport Woche» ist aber nicht die erste Sport-Publikation in der Schweiz, die meisten mussten aufgeben. Was wollen Sie besser machen?

Marcel Siegenthaler: «Wir haben gemerkt, dass das Internet-Zeitalter längstens begonnen hat. Deshalb hat eine Sportzeitung keine Chronistenpflicht mehr. Im Zeitalter von Live-Tickern im Netz liegt die Chance des Prints darin, interessante Geschichten aus der Welt des Sports zu erzählen, einen anderen Blick auf den Sport zu werfen und die Menschen ins Zentrum zu stellen. Zudem nehmen wir auch die sogenannten Randsportarten ernst. Während der Saison berichten wir wöchentlich über die Unihockey-, die Volleyball- und die Handballmeisterschaft. All diese Sportarten haben einen grossen Spielbetrieb, gute Sponsoren und zum Teil auch beachtliche internationale Erfolge. Das Einzige, was sie nicht haben, ist eine nationale Medienbeachtung. Die können wir ihnen bieten. Oder nehmen wir den Turnverband STV, der 400 000 Mitglieder hat. Mit ihm haben wir für beide Seiten interessante Projekte aufgegleist. Aber auch die Aktivsportler, die wandernden, bikenden und ins Fitnesscenter gehenden Menschen kommen bei uns nicht zu kurz. Zusammen mit der kompetenten Berichterstattung über die Mainstream-Sportarten Fussball, Eishockey, Tennis, Ski und Formel 1 gibt das einen journalistischen Mix, von dem wir überzeugt sind, dass er viele Schweizerinnen und Schweizer anspricht.»

Randsportarten in Ehren, aber weniger Populäres interessiert vermutlich auch weniger Menschen und somit die Werber, oder?

Marcel Siegenthaler: «Da haben Sie sicher recht. Aber die Summe all der Menschen, die eine der vielen sogenannten Randsportarten betreiben, ist stattlich. Kommt hinzu, dass auch weniger populäre Sportarten von interessanten Menschen betrieben werden, die interessante Geschichten zu erzählen haben. Unser Anspruch ist es, eine Geschichte aus der Welt des Badmintons oder des Schiessens so zu erzählen, dass sie auch ausserhalb der Sportarten-Familie gelesen wird.»

Die «Sport Woche» kam ohne grosse Ankündigung auf den Markt. Warum so bescheiden?

Marcel Siegenthaler: «Die `Sport Woche` ist ein vernünftiges Projekt mit einem vernünftigen Businessplan. Deshalb verzichten wir darauf, Hunderttausende von Franken für Werbekampagnen auszugeben. Kommt hinzu, dass wir zu keinem grossen Verlagshaus gehören. Wäre die `Sport Woche` eine Neulancierung von Tamedia, dann hätte es seit Monaten Gratisinserate im Tagi, in der `SonntagsZeitung`, in `20 Minuten` und vielleicht sogar in der `Annabelle` und der `Schweizer Familie`. Doch wir gehören zum relativ kleinen Sportverlag Europa Medien AG. Und das hat viele Vorteile. Wir sind eigenständig und können somit sicher schneller reagieren als die grossen Verlagshäuser. Was uns in den nächsten Monaten helfen wird, sind die Partnerschaften mit den Sportverbänden und den Sportvereinen. Über sie werden wir die Sportlerinnen und die Sportler erreichen - und damit hoffentlich auch einen grossen Abonnentenstamm aufbauen können.»

Das Papier der «Sport Woche» fühlt sich dünn an. Hätte ein Magazin nicht besseres Papier verdient?

Marcel Siegenthaler: «Die `Sport Woche` ist die einzige Sport-ZEITUNG der Schweiz. Und für eine Zeitung hat sie ein relativ teures Papier - nämlich ein Magazin-Papier. Für uns war eines klar: Tabloid-Format und Zeitungspapier das assoziieren die Leute mittlerweile mit einem Gratisprodukt. Also drucken wir die Zeitung auf Magazin-Papier. Das Papier für die Umschlagseiten ist sogar noch besser. Die `Sport Woche` ist ein vernünftiges Projekt mit einem vernünftigen Businessplan. Also kam für uns ganz teures Magazinpapier nicht in Frage.»

Sie und der Herausgeber Ulrich Kühne-Helmessen waren früher «Blick»-Sport-Chefs. Viele ehemalige «Blick»- Journalisten schreiben für die «Sport Woche». Was zieht «Blick»-Journalisten zu Euch?

Marcel Siegenthaler: «Ich weiss nicht, ob man wegen mir und Kühne-Helmessen gleich verallgemeinern kann. Es macht aber sicher mehr Spass, in einer kleinen und vorwärtsorientierten Firma zu arbeiten, statt in einem grossen und sparorientierten Verlagshaus. Mit wenigen guten Kollegen etwas wie die `Sport Woche` aufzubauen, ist für mich befriedigender, als als Rädchen eines Grossbetriebs beim Abbau mitzuhelfen.»

Wie sind die Feedbacks nach drei Ausgaben?

Marcel Siegenthaler: «Die Feedbacks sind durchaus positiv. Den meisten Lesenden gefällt die Art unseres Journalismus und auch das Layout kommt gut an. In der neuesten Ausgabe haben wir beispielsweise eine vierseitige Reportage über eine Schulklasse im Skilager. Stehen die Kids überhaupt noch auf Schneesport? Wie geht es heutzutage in einem Skilager zu und her? Wird dort geboardet oder Ski gefahren? All diese Fragen sind doch interessant. Sie haben mit Sport zu tun - aber auch mit einem Teil von uns allen, mit dem Leben.»

Zur Entstehung des Magazins - Anfang Februar 2010: Donnerstag erscheint die «SportWoche» und Neue Schweizer «Sportwoche» kommt im Februar. Am 6. Oktober 2009: Marcel Siegenthaler neu beim Sportverlag und am 29. März 2007: «Blick»-Sportchef Siegenthaler geht