Der Fall des Journalisten Claas Relotius treibt immer seltsamere Blüten: Laut «Spiegel» habe sein früherer Redaktor nicht nur Geschichten erfunden, sondern in diesem Zusammenhang mutmasslich auch noch Spendengelder erschlichen und veruntreut.
Relotius habe offenbar Leser ermuntert, Geld für Protagonisten aus seiner eigenen Reportage «Königskinder» zu spenden – und zwar auf sein eigenes Privatkonto. Doch das «unter falschem Vorwand» gesammelte Geld habe er «nicht wie versprochen weitergeleitet», schreibt der «Spiegel».
Die Geschichte handelte von einem syrischen Geschwisterpaar, das als Waisenkinder in der Türkei auf der Strasse lebt. Das Schicksal der beiden Kinder habe viele Leser so sehr berührt, dass sie spenden wollten. Allerdings war die Story gemäss «Spiegel» zu grossen Teilen der Fantasie des damaligen freien Mitarbeiters entsprungen.
Die Zeitung stützt sich auf Aussagen des türkischen Magnum-Fotografen Emin Özmen, der Claas Relotius für die Recherche zu «Königskinder» teilweise begleitet hatte. Ihm zufolge habe Relotius die Biografie des syrischen Jungen gefälscht und stark dramatisiert.
«So hätte Ahmed nicht, wie in dem Relotius-Text angegeben, seine Mutter begraben. Diese lebe noch und arbeite in einem Möbelgeschäft in Gaziantep. Die von Relotius beschriebene Schwester Alin, die als Schwarzarbeiterin in einer Textilfabrik arbeiten soll, kennt Özmen nicht, Ahmed habe keine Schwester, auf welche die Beschreibung zutrifft. Womöglich ist die Person der Schwester komplett erfunden.»
Die bestehenden Anhaltspunkte veranlassten den «Spiegel» dazu, Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft einzureichen, wie am Samstagabend angekündigt wurde.