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Montag
14.12.2020

Medien / Publizistik

Der Generationswechsel bei den Models kann auch als Vorbote für einen Systemwechsel beim Marketing für Mode gedeutet werden....               (Bild: Cover «Vogue» Januar/Februar 2021)

Der Generationswechsel bei den Models kann auch als Vorbote für einen Systemwechsel beim Marketing für Mode gedeutet werden.... (Bild: Cover «Vogue» Januar/Februar 2021)

Es war eine Personalie im Medienkuchen. Dazu noch bei einer Modezeitschrift. Aber wie der Abgang von Christiane Arp als Chefredaktorin der deutschen «Vogue» in vielen bedeutenden Zeitungen aufgenommen worden ist, könnte es auch etwas mehr sein. Spekuliert werden darf über das Anbahnen eines Systemwechsels.

Modezeitschriften, wie sie die «Vogue« mit 20 internationalen Lizenzausgaben ist, galten bis jetzt als Bibel für einen verbindlichen Stil und guten Geschmack. Aber: Die Auflage der deutschen Ausgabe serbelte von 150'000 noch 2012 auf zuletzt 82‘000 für die gedruckte «Vogue» in diesem Dezember. Vergleicht man solche Zahlen mit den 2,6 Millionen Followern für die Hamburger Fashion-Influencerin und Bloggerin Caro Daur, dann ist allerdings schnell ausgerechnet, wie der Trend für die kommende Modewerbung in Zukunft aussehen könnte.

Die Influencerin wurde vom Fachmagazin «Werben und Verkaufen» als «eine der einflussreichsten Deutschen» bezeichnet. Seit Herbst 2020 arbeitet Hugo Boss mit Caro Daur in Form einer Kollektion zusammen. Das soll laut Boss ein «Beispiel dafür sein, wie man auf die grösste Krise des Modehandels seit Langem reagieren kann».

Als Nachfolgerin von Christiane Arp wird die 25-Jährige noch als zu jung empfunden. Ernsthafte Chancen räumt die Fachwelt allerdings der schon etwas reiferen Veronika Heilbrunner ein. Die kann zwar «nur» 221‘000 Instagram-Follower vorweisen. Aber auch diese wären bei einer Übernahme der Chefredaktion als zusätzliche Abonnenten für eine Online-Ausgabe quasi geschenkt.

Bei der «Vogue» wird heftig dementiert. So muss es wohl ein Zufall sein, dass die Heilbrunner in diesen Wochen mit Mann Justin O’Shea und Sohn aus London nach Oberbayern in der Nähe der «Vogue»-Redaktion in München übersiedelt ist. Heilbrunner hat auch schon für «Harper’s Bazaar» gearbeitet und pflegt als Influencerin beste Beziehungen zur Luxusbranche.

Um solche Beziehungen müssen traditionelle Verlage mehr und mehr fürchten, wie die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» sowie auch die «Süddeutsche» in ihren Analysen des Modemarktes rund um den Rücktritt der Glamour-Figur Christiane Arp zu schreiben wissen. Die kreativen Spielräume bei Texten und Bildern würden durch die Zusammenarbeit mit Mode-, Schmuck-, Uhren- und Beauty-Marken immer geringer. Grosse Marken würden immer öfter in Supplements von Zeitungen oder gleich in Online-Anzeigen investieren.

Deshalb sieht ein Condé-Nast-Sparprogramm vor, dass die deutsche «Vogue» im kommenden Jahr nur noch acht Mal am Kiosk liegt, die «Glamour» sechs Mal, die «GQ» vier Mal. Auch bei «Glamour» hat bekanntlich erst vor vier Wochen die Chefin Andrea Ketterer ihren Abschied nach zwölf Jahren angekündigt. Dafür wurde bei «GQ» der Anzeigenmann André Pollmann zum «Chief Creative Director» befördert.

Die von diesem Karussell abgesprungene Christiane Arp hätte den System-Wechsel in der Mode-Publizistik auf dem letzten Cover der «Vogue» unter ihrer Führung nicht symbolischer bebildern können. Mit einem Generationswechsel nämlich. Nachdem Arp vor 17 Jahren mit Heidi Klum auf ihrem ersten Cover gestartet ist, zeigt sie jetzt auf dem letzten Heidi mit ihrer Tochter Leni. Die 16-Jährige hat den Formel-1-Teamchef Flavio Briatore zum Vater. Und dieser kommentierte Lenis Model-Pläne in der «Gala» als «eine tolle Sache».

Die Influencerinnen werden dran bleiben.