Die Medien - oder besser gesagt Patrik Müller - rücken immer mehr ins Zentrum der Chat-Affäre um Grünen-Nationalrat Geri Müller. Sowohl der «Tages-Anzeiger» als auch der «Blick» brachten am Donnerstag jüdische Kreise ins Spiel, die bei der Veröffentlichung der Chat-Protokolle und Nackt-Selfies mitgewirkt haben sollen.
Gemäss diesen beiden Zeitungen liegt der Skandal viel weniger bei den Nacktfotos von Politiker Geri Müller, sondern im Fakt, dass sich der Journalist Patrik Müller in der Berichterstattung hat instrumentalisieren lassen.
Im «Blick» heisst es, «Geri Müller verdächtigt den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Baden indirekt, in seine Affäre verwickelt zu sein». Ein Hinweis darauf sei eine SMS vom 7. August, in dem ein «Herr Bollag» erwähnt werde.
In der Strafanzeige von Müllers Anwalt Andreas Meili heisst es, dass es sich bei besagtem «Herrn Bollag» angeblich um Josef Bollag handle, den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Baden.
Auch der «Tages-Anzeiger» schlägt in dieselbe Kerbe wie der «Blick» und bringt PR-Berater Sacha Wigdorovits ins Spiel. Dieser soll den Kontakt zu den Medien hergestellt und die Protokolle zur Veröffentlichung angeboten haben.
Wigdorovits sitze im Stiftungsrat der Audiatur-Stiftung, die sich gemäss Darstellung auf ihrer Website «in der öffentlichen Debatte um Israel und den Nahostkonflikt als konstruktive Stimme» verstehe, berichtete der «Tages-Anzeiger». Und Wigdorovits und Geri Müller seien bereits in öffentlichen Diskussionssendungen um den Nahostkonflikt als Kontrahenten gegeneinander angetreten.
Der ehemalige «Blick»-Chefredaktor und heutige PR-Berater Wigdorovits selbst bestreitet jede Verwicklung in die Affäre. Er stehe «in keinem» Verhältnis zur betroffenen Frau, teilte er dem Klein Report am Donnerstag per Mail mit. Und auch auf die Frage, ob er direkt oder indirekt an der Veröffentlichung der Chat-Protokolle mitbeteiligt gewesen sei, erklärte er: «Die Behauptung, ich hätte irgendwelche Protokolle den Medien zugehalten, ist frei erfunden», so der PR-Berater gegenüber dem Klein Report.
Auf den Vorwurf, dass unter anderen auch er die Geschichte über Geri Müller aus politischen Gründen aufgegleist habe, geht er in die Gegenoffensive. «Das ist der hilflose Versuch eines Täters, von sich abzulenken, indem er sich zum Opfer zu machen versucht. Das werden die Leute durchschauen», meinte er weiter. Einmal mehr benutzt Wigdorovits scharfe Worte.
Scharfe Worte hin oder her, vorderhand gilt es nun, die Ergebnisse der Strafuntersuchungsbehörden abzuwarten, meint der Klein Report.
In der «Wochenzeitung» hat Carlos Hanimann im Nachgang zur Debatte im «Club» von SRF unterdessen ein treffendes Resümee publiziert: «Patrik Müllers Geschichte krachte nach 24 Stunden zusammen wie ein Kartenhaus. Was bleibt, ist ein Tabubruch, ein Medienskandal, eine Schlammschlacht. Die Affäre handelt nicht von der Integrität eines Politikers, sondern von der vierten Gewalt, die sich in Prüderie übt und gleichzeitig dem billigsten Boulevard huldigt.»
Hanimann untermalt seine Schlussfolgerung, dass es sich um eine Schlammschlacht handle, unter anderem mit dem Vorwurf von Geri Müller an Patrik Müller, dass der Chefredaktor der «Schweiz am Sonntag» eine Abmachung gebrochen habe, wonach er die Geschichte gemäss eigenen Aussagen nicht bringen werde.
Und Hanimann ist mit Roger Köppel einig, der ebenfalls in einem Kommentar zu «GeriGate» Stellung nimmt. «Entscheidend ist: Nach unseren Informationen hat sich Müller (Geri, Anmerkung des Klein Reports) nichts zuschulden kommen lassen», so der «Weltwoche»-Chefredaktor. Auch Köppel stellt sich wie der Klein Report nicht hinter Rücktrittsforderungen an die Adresse des Grünen-Politikers.
Nun stellt sich die Frage, ob dies auch für Patrik Müller gilt. Sollte der Chefredaktor die Recherche nicht sorgfältig genug ausgeführt haben, gelten wohl Carlos Hanimanns Worte: «Dann ist es der Chefredaktor, der nicht mehr tragbar ist.»