Die «Sonntagszeitung» und das britische Nachrichtenmagazin «The Economist» haben einen exklusiven Zusammenarbeitsvertrag unterzeichnet. Ab dem ersten Juli-Sonntag will die «Sonntagszeitung» damit ihre internationale Berichterstattung ausbauen, angesichts der Krisen und Dramen in aller Welt offensichtlich ein Gebot der Stunde auch für eine Zeitung, deren eindeutige Stärken bis heute bei den Schweiz-Themen liegen.
Im Gespräch mit dem Klein Report machte «Sonntagszeitung»-Chefredaktor Martin Spieler deutlich, dass damit nicht ein Stellenabbau im Ausland-Ressort und Budgeteinsparungen verschleiert werden, wie so oft bei derlei Massnahmen, sondern dass im Gegenteil auf allen Ebenen investiert und ausgebaut werde: «Kein einziges Pensum auf unserer Redaktion wird wegen dieser neuen Kooperation reduziert, die Zusammenarbeit mit dem `Economist` kommt vielmehr zusätzlich zu allem, was wir bereits haben. Sie entlastet unser Budget nicht, sondern sie belastet es.»
Für Spieler ist dieser Schritt nur folgerichtig, nachdem im April bereits ein neuer Recherchedesk in Bern geschaffen worden ist: «Dort investierten wir, mit neuem Personal und neuen Räumlichkeiten, stärker in den investigativen Journalismus. Nun folgt mit der Kooperation mit dem `Economist` der publizistische Ausbau bei Auslandthemen.»
Dieser neue globale Blick ist laut Spieler dringend notwendig, «nicht nur, weil im Augenblick in der Welt so unglaublich viel passiert, sondern weil diese Ereignisse ja auch ganz direkten Einfluss auf die Schweiz haben», sagte er gegenüber dem Klein Report.
Die Zusammenarbeit mit dem «Economist» wird in der «Sonntagszeitung» zwar deutlich sichtbar sein, doch nicht in Form einer Extra-Beilage wie etwa bei der «Tages Anzeiger»-Kooperation mit der «New York Times». Spieler: «Im Auslandteil wird eine fixe Rubrik mit ´Economist` gezeichnet sein, ebenso im Wirtschaftsressort.»
Also nicht ein kleiner «Economist» in der «Sonntagszeitung», sondern herausgepickte redaktionelle Rosinen - die nicht von Übersetzern aus dem Englischen ins Deutsche übertragen werden, sondern von den hauseigenen Journalisten. Chefredaktor Spieler: «Der `Economist` ist ja bekannt für seine anspruchsvolle Schreibe, und diese zu übersetzen, ist ganz klar publizistische Arbeit.»
Und wo mag bei alledem der Nutzen für den «Economist» liegen? Braucht diesen in der Schweizer der Leser ab Juli überhaupt noch zu kaufen? «Beide Partner sind davon überzeugt, dass der `Economist` durch die Zusammenarbeit mit der `Sonntagszeitung` nicht Leser verlieren, aber möglicherweise neue hinzugewinnen wird», glaubt Spieler. «Dank unserer Kooperation wird er nun einem viel breiteren Publikum zugänglich gemacht, und vielleicht kommt ja der eine oder andere Leser dann auf die Idee, auch das ganze Magazin lesen zu wollen.»
Am 25.4.2011: Anzeigeneinbruch bei der «New York Times»