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Freitag
05.09.2008

Mit einer Beschwerde gegen die «SonntagsZeitung» hat das Hilfswerk Caritas einen Teilerfolg erzielt. Der Schweizer Presserat wies zwar die meisten Beschwerdepunkte ab, gab der Beschwerdeführerin aber Recht, dass die «SonntagsZeitung» wichtige Informationen unterschlagen habe. Unter dem Titel «Caritas in Nöten» berichteten Jean François Tanda und Nicole Meier in der «SonntagsZeitung» vom 2. Dezember 2007 über Vorfälle rund um die Caritas in Indonesien. So habe der dortige Chef-Delegierte zwei einheimische Mitarbeiterinnen unsittlich an Oberschenkel, Arm und Fuss berührt, zudem sei es bei einem Tsunami-Projekt zu Korruption gekommen. Eine Woche später doppelte das Reporter-Team nach und berichtete, das Hilfswerk wolle die Vorwürfe wegen sexueller Belästigung und Korruption nur intern regeln und die Justiz nicht einschalten.

Die Caritas sah durch diese Berichterstattung gleich eine ganze Reihe journalistischer Pflichten verletzt: Fairnessprinzip, Unterschlagung wichtiger Informationselemente, Anhörung bei schweren Vorwürfen, Berichtigungspflicht, Verletzung der Privatsphäre. Für den Presserat war die Beschwerde jedoch nur in einem Punkt gerechtfertigt: Im zweiten Artikel hatten Jean François Tanda und Nicole Meier nur von «sexueller Belästigung» geschrieben, ohne die Vorwürfe (Berührungen an Oberschenkel, Arm und Fuss) genauer zu beschreiben. Der Presserat geht davon aus, dass sich die Leserschaft bei dieser Beschreibung ein gravierenderes Fehlverhalten als das tatsächliche vorgestellt hat. Dadurch habe die Zeitung wichtige Informationen unterschlagen und Ziffer 3 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt. - Die Stellungnahme im Wortlaut: http://www.presserat.ch/24210.htm