Mehrere SMS einer Journalistin des «SonntagsBlicks» an eine Mutter einer eritreischen Flüchtlingsfamilie mit falschen Versprechungen haben zu grossen Verstimmungen geführt.
Die Journalistin versprach der Mutter, dass sie dafür sorgen werde, dass deren vier im Heim platzierten Kinder wieder zu ihr nach Hause kommen könnten. Diese nicht eingehaltenen Versprechungen führten zu einer Beschwerde beim Presserat.
Wie kam das? Zwei Journalistinnen beschrieben im «SonntagsBlick» vom 14. September 2014 die Lebenssituation einer neunköpfigen eritreischen Familie unter dem Titel: «Sozial-Irrsinn; Familie kostet 60'000 Franken im Monat». Die Mutter, die im zürcherischen Hagenbuch wohnt, sei «überfordert» und habe sich als «beratungsresistent» erwiesen. Der Vater wiederum sei nach Winterthur gezogen. Seit drei Jahren kümmerten sich deshalb die Behörden um die Mutter und ihre Kinder.
Der «SonntagsBlick» listete im Artikel die daraus resultierenden Kosten auf, liess die Gemeindepräsidentin und die Präsidentin der zuständigen Kinder- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb) sowie die von der Kesb beauftragte Zürcher Sozialbetreuungsfirma in Bezug auf den von ihr verrechneten Stundensatz zu Wort kommen.
Die Sozialbetreuungsfirma SolidHelp AG, welche die Beschwerde eingereicht hat, monierte beim Presserat, dass eine der Journalistinnen des «SonntagsBlicks» sich Informationen durch «unlautere Methoden» beschafft habe. Die Journalistin habe vorgegeben, der Frau dabei zu helfen, ihre vier Kinder wieder aus dem Heim zurückzubekommen.
In drei Textnachrichten gibt sich die Journalistin zwar als solche aus, hat aber bei ihrer Recherche unlautere Methoden angewendet: Der Presserat fasst die Inhalte der SMS folgendermassen zusammen: «Sie möchte ihr helfen, ihre Kinder zurückzubekommen, bedankt sich für ein Telefongespräch mit der Mutter mit der Ergänzung, sie denke, sie könne ihr helfen, sie habe auch schon anderen Müttern geholfen, ihre Kinder zurückzubekommen, beziehungsweise bittet um ein Treffen in der gleichen Woche, sodass sie noch genügend Zeit hätte, bei Behören und Gemeinde anzurufen.»
Aus Sicht von SolidHelp sei problematisch, dass der Artikel selbst in keiner Weise auf das Thema der eventuell ungerechtfertigten Fremdplatzierung der Kinder eingehe. Zumal man wissen muss, dass die eritreische Familie sieben Kinder hat, davon zu diesem Zeitpunkt vier in einem Heim. Die Familie werde als unfähig hingestellt und lächerlich gemacht. Die Journalistin habe in Kauf genommen, durch einen reisserischen Artikel die Familie der negativen öffentlichen Meinung preiszugeben und durch ihre unlauteren Methoden der Informationsbeschaffung der Mutter falsche Hoffnungen bezüglich ihrer Kinder zu machen. Seit dem Medienrummel sei das Kindswohl, vor allem das der nicht fremdplatzierten Kinder, nicht mehr geschützt.
Der Presserat hält fest, dass Ziffer 4 der «Erklärung von Journalistinnen und Journalisten» verlangt, dass diese sich bei der Beschaffung von Informationen, Tönen, Bildern und Dokumenten keiner unlauteren Methoden bedienen. Der Journalist soll das Ziel einer Recherche – wenn auch nicht deren Details – klar nennen.
In den dem Presserat vorliegenden drei SMS lässt die Journalistin die eritreische Mutter glauben, sie wolle und könne ihr helfen, ihre Kinder zurückzubekommen.
Jedoch geht es in dem Bericht mit dem Titel «Sozial-Irrsinn; Familie kostet 60'000 Franken im Monat» selbst nicht um die Heimplatzierung beziehungsweise die Frage, ob die vier Kinder zu Recht in einem Heim untergebracht wurden.
Für den Presserat ist es offensichtlich, dass die Autorin via der Frage der Fremdplatzierung von vier Kindern an Informationen über die Betreuungsleistungen, die der Familie gewährt wurden, herankommen wollte. Dies widerspräche eklatant dem berufsethisch gebotenen Fairnessgebot und stelle eine Verletzung des in der Presserats-Erklärung statuierten Recherche-Gebots dar.