Am letzten Donnerstag hat Marco Rima ein brisantes Video online gestellt: «Ich stelle mich im Oktober der Zuger Bevölkerung als Kandidat für den Ständerat zur Verfügung.»
An seine «lieben Freunde der Staatskunst» schrieb er bereits am Mittwoch auf Facebook: «Den Wahlkampf werde ich als unabhängige und parteilose Person führen.» Er sei überzeugt, dass er aufgrund seiner Lebenserfahrung und Kreativität – mit Blick auf eine erfolgreiche, 40-jährige Karriere als Schauspieler und Produzent und als Menschenfreund und Familienvater – «einen Beitrag leisten kann, dass die Debattenkultur und der ergebnisoffene, von gegenseitiger Achtung geprägte und mit Sinn beseelte Diskurs im Bundeshaus wieder Einzug halten».
Als erstes Medium hat «20 Minuten» noch vor acht Uhr am Donnerstag die News entdeckt, dann folgte kurz darauf Watson. Am Freitag war die Kandidatur in allen Medien. Kein Wunder: Um Marco Rima ist es verdächtig ruhig geworden, als Corona immer weniger zum Thema wurde. Und damit auch Rima als einer der prominentesten Massnahmengegner seiner grossen Bühne beraubt wurde.
Einen solchen Sinneswandel vom «Staatsfeind», der viele belustigt und wohl noch mehr verärgert hat, zum Vertreter des Standes Zug, wollte sich auch der «SonntagsBlick» nicht entgehen lassen.
Marco Rima wurde deshalb von Steffi Buchli, Newsroom-Co-Leiterin, und Reza Rafi, Chefredaktor «SonntagsBlick» zum grossen Interview geladen.
Leider sollte das nie erscheinen. Am Sonntag haben Buchli und Rafi nur noch ein «Making of» der Unterhaltung mit Rima publiziert.
Dabei gehen die beiden auffallend freundlich mit Marco Rima um. «Er war der Liebling der Nation. Als Teil des Duos Marcocello brachte Marco Rima die Massen zum Lachen.»
Unvergessen sei die Wilhelm-Tell-Interpretation von 1991, die seinen Sinn für Situationskomik und sein mimisches Talent glänzend zur Geltung brachte. Seine Musicals («Keep Cool») begeisterten eine halbe Million Zuschauer, er drehte Filme, er eroberte das deutsche Privatfernsehen und wurde zum erfolgreichsten Schweizer Comedy-Export. Rima sei die eidgenössische Antwort auf «Mr Bean»-Darsteller Rowan Atkinson. «Der Zuger war Everybody’s Darling, er war Mainstream, als Mainstream noch kein politisch aufgeladener Begriff war.»
Auf so viel Vorschusslorbeeren folgt dann in der Erklärung zum Rückzug des Textes mit Rima eine Analyse seiner Rolle in Zeiten des Lockdowns. Und das muss wohl auch ein Teil des Interviews über das jetzt angekündigte Comeback als möglicher Ständerat gewesen sein.
«Die Mutation vom Sonnenkönig zum Nachtschattengewächs war nicht mehr zu stoppen», heisst es in den rückwirkenden Erklärungen zum Verhalten von Rima während Corona.
Am Donnerstag dann schien aber alles vorbei. Gut gelaunt fuhr das Ex-Schattengewächs mit dem E-Bike ins hell erleuchtete Foyer des Ringier-Hauses an der Dufourstrasse in Zürich. «Es folgte ein einstündiges, offenes Gespräch.» Am Freitag bekam Rima den Text zur Autorisierung. Seine Frau und Managerin Cristina fand allerdings, so könne man das Stück unmöglich freigeben, ihr Mann werde absolut unvorteilhaft und oberflächlich dargestellt.
«So weit, so gewöhnlich im Medienbetrieb», meinen Buchli und Rafi dazu. Demnach warteten sie die autorisierte Fassung ab. Doch am Samstag fanden sich im abgeänderten Manuskript «wohlformulierte Sätze im Polit-Jargon, die der Befragte so nie gesagt hatte». PR-Arbeit eben. «Überdies wollten Rima und seine Frau ganze Themen streichen, über die er freimütig geredet hatte – etwa heikle Thesen zur Pandemie.»
So habe sich Ringier entschieden, das Interview gar nicht mehr zu bringen. Die «SonntagsBlick»-Redaktion respektiere den Rückzieher, «hält es aber für wenig sinnvoll, ein Gespräch abzudrucken, aus dem die streitbarsten Passagen nachträglich entfernt wurden».
Der Klein Report hat am Sonntag bei Marco Rima nachgefragt, was genau er nicht gedruckt sehen wollte. Bis Redaktionsschluss ist keine Antwort eingetroffen.
Dafür hat der Klein Report einen älteren Tweet von Rima gefunden. Dort war damals zu lesen: «Übrigens… ich wäre ja gerne in die Politik gegangen, aber leider bin ich da nicht reingekommen. Politik ist eh für den Ar… Allerwertesten. Das merkt man doch schon in der ersten Silbe des Wortes. Po-litik eben.»