Der Schweizer Spielfilm von Christof Schertenleib «Zwerge sprengen», der die Solothurner Filmtage eröffnete, begann vorweg mit einem (kleinen) Knalleffekt - im doppelten Sinn. Die ironisch-schelmisch gefärbte Beziehungs- und Familienkomödie startet mit einem etwas sonderbaren Brauch: Einmal im Jahr treffen sich die Zwillinge Thomas und Hannes Schöni samt Anhang im elterlichen Pfarrhaus im Bernbiet und sprengen Gartenzwerge in die Luft, wobei gleichzeitig gute Vorsätze (verbal) gefasst werden.
Nun hat der spitzbübische Sprengakt, auch ein Akt von Bürgersinn und Biederkeit, wenn man so will, zu Beginn des Films (und am Ende) zu einer Kontroverse geführt. Der Künstler Pavel Schmidt fühlte sich übergangen, ausgenutzt. Denn ein Teil seines künstlerischen Schaffens hat just das hinterlistige Zwergesprengen zum Thema.
Im Gespräch mit Klein-Report-Mitarbeiter Rolf Breiner wies der 53-Jährige auf seine Aktionen zwischen Happening und Performance hin, die er schon Jahre vor der Filmidee inszeniert hätte. Er nennt den Akt der Zerstörung Verwandlung. Aus der Massenware Gartenzwerge schaffe er Originale, indem er die Zwergenbruchstücke mit lädierten Figuren der Venus oder des Bacchus verbinde. Der Mann aus Bratislava, längst Schweizer und zwischen Biel und Solothurn ansässig, erklärte dem erstaunten Besucher auch, dass diese Zwerge nicht nur Symbole für eine bestimmte Menschengruppe, sondern auch Bier-Kulturfiguren ähnlich Venus und Bacchus seien, die mit Wein in Verbindung gebracht würden.
Davon können sich die Besucher der Filmtage selbst ein Bild machen in der Solothurner Freitagsgalerie Imhof: «Gesprengte Zwerge» (bis 26. Februar). Ob er sich, der den Spielfilm nunmehr zweimal gesehen hat, noch im Zwergenkrieg mit dem Autoren und Regisseur aus Saanen befände, wollte der Klein Report wissen. «Wir haben Burgfrieden geschlossen», klärte Pavel Schmidt auf.
Der Spielfilm, bei dem die explodierenden Zwerge nur Mittel zum Zweck sind, eben um bürgerliche, familiäre Kreise, und eine fadenscheinige Ordnung zu sprengen, läuft ab 25. März in den Schweizer Kinos. Interessanter Nebenaspekt: Die Schöni-Brüder samt bürgerlicher Familienbande sind im Film ebenso harmoniebedürftig wie die beiden «Kontrahenten»: der Künstler, der eben nicht vor Wut oder Ausnutzung (die gar nicht stattfand) in die Luft ging, und der Filmer, der erst bei der Filmarbeit von den «Zwergen-Verwandlungen» erfahren hat. Fazit: Es herrscht Burgfrieden zwischen den Zwergen und ihren Herren.
Sonntag
24.01.2010



