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Montag
24.01.2022

Kino

Seit fast einem Jahr ist die Direktorin Anita Hugi kaltgestellt. Alle schweigen.

Seit fast einem Jahr ist die Direktorin Anita Hugi kaltgestellt. Alle schweigen.

Alain Berset ist da, der Vorstand auch, nur die Direktorin fehlt. Brachen im Jahr 2021 die Solothurner Filmtage alle Rekorde – über 57’000 Besuchende online wurden verzeichnet und zum ersten Mal war auch die Romandie präsent – ist 2022 wieder kleinbürgerliche, deutschsprachige Provinz angesagt.

Der Klein Report hat die Turbulenzen bei den Solothurner Filmtagen genauer angeschaut, eine Analyse.

Trotz Pandemie, trotz Einschränkungen, beispielsweise der Fasnacht, darf sich die Kultur treffen – sogar der Gesundheitsminister ist da: Diesmal als Kulturrepräsentant. Von einer guten Personalkultur und Programmkultur der Solothurner Filmtage kann indessen keine Rede sein.

Seit fast einem Jahr ist die Direktorin Anita Hugi kaltgestellt. Alle schweigen: Bundesamt für Kultur, der Vorstand, Anita Hugi.

Wer was wie unternahm, bleibt offen; alle müssen, wollen und werden gezwungen zu schweigen. Während auf der Leinwand Progressivität, Demokratie, Gender et cetera gefeiert wird, herrscht in Solothurn im Verein das Ancien Régime – und Bundesrat Berset ehrt diesen Event mit seiner Präsenz.

Wohl selten war die Filz-Schweiz so sichtbar wie in den völlig intransparenten Vorgängen rund um die subventionierten Filmkulturtage. Drei Millionen Franken Budget hat das Filmfest in Solothurn. Die Statuten des Trägervereins «Schweizerische Gesellschaft Solothurner Filmtage» verfügen aber weder über klare Statuten betreffend Befugnisse noch über Kompetenzen von Vorstand oder Geschäftsleitung.

Ein Viertel des Vorstands ist durch Personal besetzt, das über 30 Jahre dabei ist, die Hälfte des Vorstands ist dies schon 15 Jahre lang. Das Konstrukt ist ein klassisch helvetisches Gebilde: Der Steuerzahler zahlt an einen sich selber konstituierenden Verein, der dann nach eigenem Willen schaltet und waltet. Meist sitzen in diesen Kultur-Vereinen ältere linksaffine Herren, die, obwohl sie damals noch mit langen Haaren die Institutionen stürzen wollten, nun aber jede Modernisierung blockieren und besonders gerne Frauen kaltstellen.

Und die Medien? Die schweigen. Zuviel steht punkto Werbung, Feuilleton, Plattformen und einflussreiche Männer auf dem Spiel.

Einzig Alex Bänninger berichtet im «Journal 21» vom Millionen-Krach rund um die Solothurner Filmtage – die grossen Verlage hüllen sich in eisernes Schweigen. Auch die Journalisten, die sich ihrer Recherche-Qualität rühmen und jeden internationalen Skandal mit Hashtags bewirtschaften, schreiben nichts zu den Vorgängen in Solothurn. Kann es sein, dass ausgerechnet der Kulturbetrieb wie Pech und Schwefel zusammenhält, wenn es um die Aufdeckung unglaublicher Vorgänge innerhalb der eigenen Reihen geht? Wahrscheinlich schon.

Wie alle Skandale perlt auch dieser an Bundesrat Berset ab, der sich als «Kulturminister» – so die «Aargauer Zeitung» –  die Chance nicht nehmen lässt, an der Eröffnung von «Loving Highsmith» teilzunehmen, der Doku zur Krimiautorin mit groben Hang zum Antisemitismus. Der Klein Report berichtete.

Doch immerhin: Am Freitag, 21. Januar meldeten sich die Swiss Women zu Wort – also das Swiss Women’s Audiovisual Network SWAN –, die als Einzige den Errungenschaften der kaltgestellten Direktorin Anita Hugi Dank zollen und das seltsame Trauerspiel der Solothurner Filmtage unter die Lupe nehmen wollen.