Kalte Temperaturen, aber Bilderbuch-Sonntag in Solothurn. Gutes Kinowetter allemal, besonders am Samstag, wo sich die Menschen vor den Kassen und Türen zu Kinosälen drängten. Kein Vergnügen bei eisiger Bise.Trotz punktueller Verbesserungen (Platzreservierungen, Vorverkauf am Internet) ist noch immer zu viel Zeit und Geduld nötig, in gewisse Kinovorstellungen zu kommen. Und manchmal klappts auch bei engagiertem Einsatz nicht, den Film der eigenen Wahl anzuschauen. Auch Medienvertreter können in Ermangelung freier Plätze ausgesperrt werden, so geschehen bei der Premiere im Kino Canva, Solothurn.
Res Balzis «Bouton», nominiert für den Prix de Soleur, ist so ein Fall. Es soll sich dabei um eine «Ode an die Lebenslust und ihr drohendes Ende» handeln, dem Katalog der 46. Solothurner Filmtage zufolge. Man wird sehen. Dank grosszügigem Verzicht der Filmproduzentin Franziska Reck («Bödälä») auf ihren Platz fand Klein-Report-Filmexperte Rolf Breiner Eingang ins besagte Canva-Kino, eine viel zu kleine Abspielstätte für Premieren.
Gion Tschuor vermittelte in seiner 25-Minütigen TV-Dokumentation (RTR) «Buob, Quescha!» Eindrücke vom elenden Hirtenbubenleben auf der Alp. Die geschundenen, von älteren Hirten und Sennen misshandelten Knaben, die im Sommer harte Arbeiten hoch droben auf dem Berg verrichteten, wurden teilweise schlimmer als Vieh behandelt. Sie berichteten - Jahrzehnte danach - von dieser quälenden Zeit, von nachhaltigen Ängsten und Schamgefühl gestern und heute.
Sehr gut in diese Landschaft passte der Beitrag über Salecina - «Von der Weltrevolution zur Alpenpension». Es handelt sich dabei um eine Begegnungs- und Ferienstätte im Oberengadin auf dem Malojapass, 1971 vom Zürcher Sozialisten und Buchhändler Theo Pinkus gegründet. Das abgeschiedene Bauernhaus-Ensemble wurde zum soziokulturellen, linken Mekka der Querdenker, Weltverbesserer und Utopisten, von Staatsorganen scharf beobachtet und auf unzähligen Fichen dokumentiert. Teilweise mit aberwitzigen Angaben. Der Film stellt das wahre Salecina vor, seine Gäste, Betreiber, Anhänger. Der besonderer Ort, der nach wie vor auf Selbstverwaltungsbasis funktioniert, konnte letztes Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiern und ist nach wie vor intakt.
Ein Film spannt den Bogen von den Initianten Theo und Amalie Pinkus über Werner Swiss Schweizer, Filmer und Salecina-Aktivist, bis zu den Gästen von heute. Das Bild, das Rahel Holenstein und Reto Padrutt zeichnen, bleibt jedoch lückenhaft und spart viele Fragen aus. Es vermittelt einen Zeitgeist von gestern, der allmählich verschwindet und sich in der Vergangenheit verliert. 50 oder 60 Stunden Filmmaterial haben die Filmer gehortet, vielleicht könnte eines Tages das Schönwetter-Bild vervollständigt werden.




