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Donnerstag
28.01.2010

Die geballte Kraft der Deutschschweizer Filmjournalisten - wenn man zu Krisenzeiten in dieser Beziehung überhaupt noch von «geballter Kraft» sprechen kann - fand sich im Solothurner Stadttheater ein, um eine Podiumsdiskussion auf der Bühne zu verfolgen. «Sternchen statt Analysen - Keine Zukunft mehr für den Filmjournalismus?» hiess das Thema. Eine existenzielle Frage für viele freie Journalisten, die von verschiedenen Verlagshäusern praktisch wegrationalisiert wurden. Es berichtet der Klein Report-Mitarbeiter Rolf Breiner.

Allein in der Deutschschweiz betraf das 2009 laut Nina Scheu zwölf Kolleginnen und Kollegen. Sie selbst wurde beim «Tages-Anzeiger» ein Opfer dieser «Sparmassnahmen». Christian Jungen («NZZ am Sonntag») leitete die Diskussionsrunde mit Bea Cuttat («Look Now!»), Christoph Egger (frühpensionierter NZZ-Filmredaktor), Gerhard Midding (deutscher Filmjournalist), und Res Strehle (Co-Chefredaktor beim «Tages-Anzeiger»).

Kein Zweifel herrschte allgemein darüber, dass die selbstständige Filmkritik bei grossen und kleinen Zeitungen ausgedünnt oder gar eliminiert wurde und die freien Mitarbeiter ins Abseits geschoben wurden. Von massiver Honorarreduktion um 50 und mehr Prozent ganz zu schweigen. Dieser Kahlschlag hinge vor allem mit dem Stellenabbau in allen Ressorts infolge ökologischer Zwänge der Printprodukte zusammen, war mehrfach zu hören.

Was tut die Filmkritik dagegen? Herzlich wenig. Die Umstände seien eben stärker. Der deutsche Kollege Gerhard Midding brachte es auf den Punkt: «Man spart bei den Machtlosen.» Christoph Egger beurteilt die Zukunft eines kritischen Filmjournalismus in der Deutschschweiz sehr pessimistisch. Res Strehle hingegen versuchte zu beschönigen und hatte keine Bedenken hinsichtlich der Filmjournalistenarbeit, auch wenn er zugab, dass das Überleben der Freelancer höchst schwierig geworden sei. Er nannte drei Gründe fürs Überleben der Filmkritik: Die Nutzung der Kritik (wohl eher oberflächlicher Filmhinweise), besonders im Internet nimmt zu. Die Zeitungen würden mehr und mehr angesichts der elektronischen Konkurrenz zu einem «leicht elitären Medium», wobei dann der Filmkritik eine wichtige Rolle zukäme.

Schliesslich sei dieses Problem auch eine Frage der Wertschöpfung und die Urteilskompetenz der Kritiker sei gefragt. Diese gut gemeinten Perspektiven dürften aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Filmkritik in einer existenziellen Krise steckt und eine Meinungsvielfalt infolge Medienkonzentration abgebaut wird. Verleiherin Bea Cuttat, die seit 22 Jahren «Look Now!» durch alle Filmturbulenzen steuerte, zeichnet ein düsteres Zukunftsbild für Arthouse-Filme: «Das Kinosterben wird losgehen.» In Bern hat es bereits begonnen.