Die sozialen Medien sind aus unserem Alltag und unserer Arbeit kaum noch wegzudenken. Journalisten und Journalistinnen – die Sachwalter der klassischen Medien – pflegen eine durch und durch ambivalente Beziehung zu TikTok oder X.
«Was ich persönlich von Social Media halte, spielt keine Rolle. Fakt ist: Social Media sind ein zentraler Bestandteil im Leben von jungen Menschen. Und wenn wir diese künftig erreichen wollen, müssen wir uns damit beschäftigen».
Dies sagt einer von 21 Befragten der Studie «Journalist:innen im Web», in der Bernet Relations und das Institut für Angewandte Medienwissenschaft der ZHAW 21 Journalisten und Journalistinnen zu ihrem beruflichen Social-Media-Umgang befragt haben.
Die Ergebnisse der Studie wurden am Mittwoch am Social-Media-Gipfel im Tibits Bistro an der Zürcher Falkenstrasse präsentiert und diskutiert.
Um den Tenor auf eine Formel zu bringen: Die interviewten Medienschaffenden nehmen die sozialen Medien für ihren beruflichen Alltag als Fluch und zugleich als Segen wahr.
Fluch, weil sich auf Social Media viel Unsinn findet und weil man eine Abhängigkeit von diesen Plattformen entwickelt hat, sowohl als Journalist als auch als Medienhaus. Zudem würden Social Media als enorme Zeitfresser wahrgenommen, steht in der Studie.
Gleichzeitig nehmen die Befragten Social Media als Segen wahr, weil sie viele neue Möglichkeiten bieten, vor allem für die Themenfindung und die Recherche. Doch nutzten die Medienschaffenden Social Media auch, um zu überprüfen, wie relevant ein Thema wirklich ist.
«Wenn man sieht, dass etwas auf Social Media überhaupt keine Rolle spielt, ist es eventuell ein Einzelfall. Wenn sich hingegen zwanzig oder vierzig Personen zu einem Beitrag äussern und sagen, dass sie das auch erlebt haben, dann weiss ich, dass das Thema viele Leute betrifft und relevant ist», wird ein Befragter in der Studie zitiert.
Dank Social Media lernen Journalistinnen auch neue Menschen kennen und können sich in Communitys fachspezifisch austauschen. Via Social Media kommen sie zudem schneller an Standpunkte und wissen so beispielsweise, wie Politikerinnen über aktuelle Fragen denken, ohne sie kontaktieren zu müssen.
Ein Kriegsfotograf weist schliesslich noch auf eine weitere Funktion hin: Er nutzt Social Media, um sich auf Einsätze in Krisengebieten vorzubereiten. Auf Social Media kann er sehen, was andere Journalisten und Fotografinnen publizieren, und daran erkennen, wo es möglich ist, hinzugehen.
Und auch die Selbstvermarktung ist ein Thema, ermögliche Social Media den Journalisten und Journalistinnen doch, sich einen eigenen Brand aufzubauen.
Eine Ausbildung für die Verwendung von Social Media hat in der Schweizer Medienszene überigens kaum jemand besucht. Die Kompetenzen sind selbst antrainiert oder man fragt die junge Kollegin am Nebentisch. Nur in den grösseren Häusern gibt es interne Kurse, wo der Rest der Redaktion vom Social-Media-Team lernt.