Der Einsatz der Berner Polizei gegen Exil-Tibeter anlässlich des hohen Besuchs aus der Volksrepublik China wirft medial hohe Wellen. Das Polizeiaufgebot in Bern war massiv, die Bilder erinnerten an autoritäre Diktaturen, die ihre Bürger gewaltsam von der Ausübung ihrer demokratischen Rechte abhalten. Für den Klein Report kommentiert Regula Stämpfli.
Wie es sich für eine Demokratie gehört, reagierten die Journalisten und Journalistinnen sofort. Der Besuch des chinesischen Staatspräsidenten zeigte eine Schweizer Regierung in Verbeugungshaltung. Während die Kundgebung der tibetischen Aktivisten brutal niedergeschlagen wurde, blieb die Willkommenskundgebung von regimetreuen Chinesen und Chinesinnen unbehelligt.
Der Ticker von «Der Bund» und «Swissinfo» berichteten aber sehr schnell und journalistisch einwandfrei über das massive Polizeiaufgebot in Bern und das vielleicht illegale Eingreifen der Polizei gegen Tibetfahnen im Kirchenfeldquartier. RTS Info brachte die schockierenden Bilder sogar auf Video.
Auf Twitter und Facebook liefen die Meldungen heiss. Daniel Foppa, Ressortleiter Inland beim «Tages-Anzeiger», kommentierte «mit Kotau von Bern»: «Besonders beklemmend an den Bildern aus Bern ist, dass sie über sich hinausweisen. Sie stehen für ein Ohnmachtsgefühl dem Recht des Stärkeren gegenüber.» Reda El Arbi fasste in seinem Blog die Berner Polizeigewalt im Titel zusammen: «Tibet-Demo nein, aber Nazi-Konzert ja?»
Viel ist in letzter Zeit die Rede von «Fake-News» und dem Niedergang des Qualitätsjournalismus. Es tut gut, sich anlässlich des China-Besuchs daran zu erinnern, dass die Schweizer Medien einmal nicht versagt haben. Dass staatliche und private Medien der Regierungsgewalt kritisch gegenüberstehen, passiert hierzulande ja nicht so oft. Nach wie vor dominieren Äusserlichkeiten wie Stil oder Frisur die innenpolitischen Debatten öfter als Zusammenhänge über globale Finanz- und Rohstoffdeals, die in der Schweiz geschlossen werden.
Der Bundesrat und der notorische Berner Polizeichef Reto Nause taten alles, um den chinesischen Staatspräsidenten ja nicht mit Demokratie, Menschenrechten oder Pressefreiheit zu belästigen. Denn damit lassen sich keine Geschäfte mehr machen. Doch immerhin gab es diesmal keine regierungstreue Berichterstattung der Schweizer Medien – im Gegenteil und gut so.
Der chinesische Staatspräsident erhielt in der Schweiz trotzdem noch eine schwerverdauliche Lektion in Sachen Schweiz: Ein Käsefondue.