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Donnerstag
18.02.2016

Medien / Publizistik

Ist die Ausschaffung von Ausländern käuflich?

Ist die Ausschaffung von Ausländern käuflich?

1982 meinte der Politologe Hans-Peter Hertig, dass Abstimmungen durchaus käuflich seien. 1994 wurde dieser Befund von Wolf Linder verworfen. Auch Hanspeter Kriesi profilierte sich 2009 dadurch, dass Geld und Politik nicht direkt zusammenhängen würden.

Für den Klein Report macht sich Dr. Regula Stämpfli Gedanken zum ungleichen Mitteleinsatz bei der bevorstehenden Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative.

Hier nun ein neuer Befund: Abstimmungen sind ebenso wenig käuflich wie Aktienerfolge und trotzdem hängen beide von Geld ab. Wie an der Börse entscheiden Erwartungen über Investitionen. Nicht käuflich ist die Stimmbeteiligung - hier entscheiden Bildung, Einkommen, Geschlecht, gesellschaftliche Integration, Medienkonsum und anderes.

Die Parteien SVP und FDP fuhren bei den Wahlen 2011 grosse Verluste ein. Die Erwartung der SVP für 2015 führte also zu massiver Werbegelderhöhung. Aus der Sicht der SVP sollten wenigstens die Sitze von 2011 gehalten werden. Das Spiel zahlte sich aus. Die Wahlen waren nicht direkt gekauft, doch durch diverse Werbekampagnen gelang es SVP und FDP überproportional stark, sich in allen Medien (vor allem auch in denen, die diesen Parteien imagemässig kritisch gegenüberstehen) als sichere Wahlsieger zu positionieren. Die Erwartungen wurden wie an der Börse stimuliert.

Die Mittäterschaft der rechten Umfragedemokratur, vor allem aus der Feder von Michael Hermann, tat das Ihre, um die investierten Werbegelder von SVP und FDP bei den Wahlen 2015 auch zum Erfolg zu führen.

Wie steht es mit der Durchsetzungsinitiative? In Erwartung eines «Neins» investierten die Initianten überproportional in die politische Werbung. Dies garantierte Aufmerksamkeit - sowohl im kritischen als auch im Lager der Befürworter. Auch hier funktionierte die Mittäterschaft der Experten. Zum Auftakt der Abstimmungskampagne verkündete Michael Hermann via SRF fälschlicherweise: «Machtkampf zwischen Volk und Parlament», als ob die Durchsetzungsinitiative Stammtisch, Ethik und Moral statt, wie sie es tatsächlich tut, geltendes Verfassungsrecht angreift.

Die Durchsetzungsinitiative wies deshalb - bis zur jüngsten Umfrage - einen konstant höheren Ja-Anteil auf. Dieser korrespondierte wiederum mit dem Anstieg der Werbegelder für politische Kampagnen im normalerweise flauen Werbemonat Januar. Media Focus veröffentlichte in ihrem Januar-Bericht, dass von den 780 000 Brutto-Werbefranken gut 66 Prozent von den Befürwortern der Durchsetzungsinitiative stammten.

Anders als bei den Wahlen 2015 wurde indessen der Medientrend zugunsten des Ja-Lagers kurz vor Urnengang etwas gebremst. Trotz weniger Werbemittel hat es die Gegnerschaft der Durchsetzungsinitiative mit vielen kreativen Beiträgen geschafft, auch in den Medien diskutiert zu werden. Dies war bei den Wahlen 2015 ja nicht der Fall. Es bleibt offen, inwiefern der (finanzielle) Gegenwind zur Ja-Kampagne sich auch in der Stimmbeteiligung niederschlägt.

Fazit: Die Wahlen von 2015 waren zwar nicht gekauft, doch die hohe Investition in die Politwerbung brachte die mediale Maschine so zum Schmieren, dass bei jedem Beitrag, kritisch oder nicht, die Aufmerksamkeit für die SVP und - in geringerem Masse - für die FDP stieg.

Den Gegnern der Wahlsieger von 2015 gelang es im Gegenzug nicht nur nicht, ebenso viel Geld zu investieren, sondern auch die eigene Anhängerschaft zu mobilisieren. Für die Abstimmungen ergibt die Erfahrung der Wahlen Folgendes: Abstimmungen und Wahlen lassen sich bis zu einem gewissen Grad kaufen (Spieltheorie & Börsenfunktionen), die Stimmbeteiligung indessen (noch) nicht.