Im Spätsommer will Bundeskanzler Viktor Rossi dem Bundesrat einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für den verstorbenen Bundesratssprecher André Simonazzi vorschlagen.
Die «Wahl» liegt offiziell beim Bundesrat. Zu einer Wahl gehört für gewöhnlich, dass man zwischen mindestens zwei Optionen entscheiden kann. Vorgeschlagen werden soll dem Bundesrat aber nur eine einzige Person, wie Urs Bruderer, Stellvertretender Leiter Kommunikation der Bundeskanzlei, auf Nachfrage dem Klein Report bestätigte.
Der Bundesrat habe zwar die Möglichkeit, den vorgeschlagenen Kandidaten zurückzuweisen: «Wenn der Bundesrat die vorgeschlagene Person nicht wählen würde, wäre ihm eine andere Person vorzuschlagen», so der ehemalige SRF-Journalist weiter.
Doch ist das eine realistische Option? Immerhin handelt es sich bei der «Stimme des Bundesrats» um den wohl wichtigsten Mediensprecher-Job in ganz Bundesbern – und um vielleicht einen der wichtigsten der Schweiz überhaupt.
Zudem arbeitet der Bundesratssprecher in Personalunion auch noch als Vizekanzler. Das heisst, er nimmt an den Bundesratssitzungen teil, ist mitverantwortlich für deren Vor- und Nachbereitungen. Ein Dreh- und Angelpunkt im Getriebe der Regierungsgeschäfte also.
Obendrauf kommt noch die ganze Dramatik des Ausscheidens von André Simonazzi, der Mitte Mai völlig überraschend auf einer Wanderung verstarb.
In dieser offenen Personalie potenziert sich also die Besetzung einer delikaten Schlüsselfunktion mit einem erheblichen Zeitdruck. Und da wird dem Bundesrat zur «Wahl» lediglich ein einziger Kandidat oder eine einzige Kandidatin vorgeschlagen?
Die Bundeskanzlei beschwichtigt: «Da der Bundesrat sich nach dem Tod von André Simonazzi für eine interimistische Lösung entschieden hat, erfolgt die Besetzung der Stelle im gebotenen Tempo, aber nicht unter Zeitdruck», so Urs Bruderer weiter zum Klein Report. Vizekanzlerin ad interim ist seit dem 15. Mai Ursula Eggenberger.
Die rechtlichen Grundlagen für das Wahlprozedere ist eine von Bundespräsident Didier Burkhalter 2014 unterzeichnete Weisung, überschrieben mit «Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat».
Der Bundesrat und die Departemente hatten das Wahlprozedere damals neu definiert. Zu den Hauptänderungen gehörte die Schaffung von Findungskommissionen. Im Fall der Simonazzi-Nachfolge wurde dieses Gremium am letzten Freitag von Bundeskanzler Rossi eingesetzt.
In der online zugänglichen Weisung wird das ganze Wahlprozedere bis in die feinsten Verästelungen geregelt: Wie die Stelle auszuschreiben sei, wie die Bewerbungen vorsortiert werden sollen, wie die Findungskommission bei der Prüfung und Favorisierung der Kandidaten und Kandidatinnen vorgehen soll und wie schliesslich der Antrag an den Bundesrat genau gestellt werden muss.
Etwas jedoch ist nicht geregelt in der Weisung: Was passiert, wenn der Bundestrat die ihm angetragene Person nicht «wählt».