Die Medienwelt erodiert an allen Fronten. Jede Interessengruppe kann da mit einer Leier ansetzen, dass ihr Wirken in der täglichen Zeitung nicht mehr entsprechend gewürdigt wird.
Das gilt nicht zuletzt für die Kultur. Theaterkritiken sind zum Luxusgut geworden. Hinweise auf neue Filme eine Angelegenheit für die Anzeigenverkäufer. Berichte aus dem Bereich Kleinkunst fallen schon wegen ihres Gattungsbegriffs durch das Raster.
«Verlage werden verkauft, Verlage sparen Kultur weg, Verlag kann ich selber!», hat sich deshalb die in Zürich lebende Schriftstellerin Sibylle Berg gesagt und ihre Kolumne beim «Spiegel» gekündigt. Nach 12 Jahren war Schluss mit den schön formulierten Worten rund um die Unbill auf dieser Welt.
Die preisgekrönte Dramatikerin schmeisst aber nicht einfach hin, sondern hat für ihre Kolumne eine neue Heimat gefunden. Diese wird künftig alle zwei Wochen auf der Self-Publishing-Plattform Steady erscheinen.
In ihrer Eigenwerbung verspricht die Berg, die mit dieser Offensive eine offensichtlich schlaue Maus geboren hat, jeden zweiten Sonntag «gutgelaunte Texte, hoffnungspendende Gedichte, Interviews und Monologe» unter dem Titel «Sibylle regelt das». Ein erster Newsletter ist am 16. März erschienen.
Mit diesem wöchentlichen Newsletter möchte sie «herausfinden, wie es geht, ein gutes Leben in einem gefühlten Untergang zu haben».
Ihren Wechsel zu Steady beschreibt Sibylle Berg als «Fortsetzung der Spiegel-Kolumne mit modernen Mitteln.» Kämpferisch ruft sie ins World Wide Web: «Freiheit von Verlagshäusern! Freiheit für Sibylle Berg!»
Die Kolumne ist gratis. Wer seine Wertschätzung mit finanzieller Unterstützung ausdrücken möchte, könne das mit einer Steady-Mitgliedschaft ab 5 Euro im Monat tun. Bisher unveröffentlichte, von der Autorin eingelesene Texte winken zahlenden Mitgliedern der beiden höheren Pakete ab 6 Euro im Monat.
Steady ist eine deutsche Internetplattform zur Projektfinanzierung über Crowdfunding und hat ihren Sitz in der Berliner Kulturbrauerei. Gemäss Webseite kann die Plattform auf über 1000 Publisher und mehr als 110’000 zahlende Mitglieder aus 13 verschiedenen Ländern verweisen. Versprochen wird, dass zum Beispiel 5 Prozent der Interessierten 5 Euro pro Monat für das Hören eines Podcasts bezahlen. Hochschalten kann man auch Blogs, Videos und Instagram-Geschichten.