Der Schweizer Presserat hat eine Beschwerde des Botschafterpaars Thomas Borer und Shawne Fielding gegen die «Schweizer Illustrierte» (SI) teilweise gutgeheissen. Die SI hat in zwei Punkten die Wahrheitspflicht verletzt. Den Lesern wurde suggeriert, die Zeitschrift habe ein exklusives Paarinterview geführt. Exklusiv war aber das Interview nicht, da «Exklusivität - was nur den expliziten Ausschluss aller Konkurrenzmedien bedeuten kann - nie vereinbart worden war», wie es in der Stellungnahme des Presserats heisst. Ausserdem hätte die SI transparent machen müssen, dass sie zwei zu verschiedenen Zeitpunkten geführte Gespräche zu einem Paarinterview montiert hat. Weiter rügt der Presserat das Heft, sich unlauterer Methoden bedient zu haben, weil die Autorin des Interviews nicht sichergestellt hat, dass der Text rechtzeitig gegengelesen werden kann. Zudem schreibt der Presserat, dass Äusserungen, die Prominente gegenüber Medienschaffenden an einem offiziellen Anlass machen, grundsätzlich journalistisch verwertbar sind - ausser es wurde Verschwiegenheitspflicht vereinbart. Die Veröffentlichung eines Tischgesprächs mit Prominenten als gestaltetes Interview ist aber nur dann zulässig, wenn sich die Betroffenen damit einverstanden erklärt haben. Ein längeres Interview sollte zudem stets auch die Situation widerspiegeln, in der es entstanden ist. Die SI hatte im Mai 2001 in Rahmen ihrer Berichterstattung über die Eröffnung der renovierten Schweizer Botschaft in Berlin ein Interview mit dem Schweizer Botschafter Thomas Borer und dessen Ehefrau Shawne Fielding veröffentlicht. Das Botschafterpaar machte aber geltend, von einem Interview könne keine Rede gewesen sein, die im Text der «Schweizer Illustrierten» verwendeten Gesprächsausschnitte stammten einerseits aus lockeren Gesprächen, das Herr Borer mit zahlreichen Journalisten zwischen einer Pressekonferenz und einem Fototermin geführt habe, andererseits aus einem auf Englisch geführten informellen Tischgespräch mit Frau Fielding am Rande eines Galadinners. Der Beitrag in der «Schweizer Illustrierten» habe die Leserschaft in die Irre geführt. Die «Schweizer Illustrierte» wies die Beschwerde als unbegründet zurück und machte geltend, die Gespräche seien zwar zeitlich aufeinanderfolgend geführt worden, doch habe das Botschafterehepaar den veröffentlichten Text gegengelesen und Korrekturen angebracht, ohne dabei grundsätzlichen Protest anzubringen.
Dienstag
04.12.2001