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Dienstag
19.05.2020

TV / Radio

Musik-Agent Rolf Schlup konnte seine Künstler trotz Corona gut platzieren und Interviews per Telefon arrangieren... (Foto zVg.)

Musik-Agent Rolf Schlup konnte seine Künstler trotz Corona gut platzieren und Interviews per Telefon arrangieren... (Foto zVg.)

Für Schweizer Musiker und Bands ist die Normalität noch in weiter Ferne: Konzerte sind auf Monate hinaus abgesagt, Grossveranstaltungen dürfen bis Ende August keine stattfinden.

Wann kleinere Events wieder erlaubt sind, ist noch unklar. Trotzdem gilt das geflügelte Wort der Branche in diesen Monaten mehr denn je: «The Show must go on». Kreativität ist deshalb gefragt. Vor allem auch bei Rolf Schlup. «Das Office» nennt sich seine Agentur. In «Homeoffice» hat er den Laden noch nicht umgetauft, obwohl der Agent aktuell nicht mehr täglich mit seinen Stars die Szene und Radiostationen für Interview-Touren abklappern kann.

Seit 15 Jahren betreut der frühere Musiker und heutige Manager die Promotion für die klingendsten Namen der Schweizer Showszene. Von Toni Vescoli, DJ Antoine, Michael von der Heide, Dänu Extrem über Sina, Tabea bis Swissters. Der Klein Report hat mit Rolf Schlupp ein Interview geführt.

Was läuft heute noch im Schweizer Showbizz?
Rolf Schlup: «Einige Bands sind mit neuen Platten gerade noch rausgekommen, bevor der Lockdown sie auf dem linken Fuss erwischt hat. Ab dann wusste man zwar, dass demnächst die Konzerte stoppen. Trotzdem wollten einige die Promotion durchziehen. Man hat die CD-Taufe verschoben und zuerst mal auf eine Single-Strategie gesetzt. Bei den Radios funktioniert das gut. Vorderhand starten mit nur einem Song. Da ich sehr viele Leute kenne in der Radiobranche, konnte ich meine Künstlerinnen und Künstler trotz Corona gut platzieren und Interviews per Telefon arrangieren. Neulinge haben es in dieser Zeit sicher schwerer, überhaupt einmal auf sich aufmerksam machen zu können. Die Leute bei den Radiostationen müssen ja selber Homeoffice machen. Da ist es gut, wenn man ihre Handynummern kennt.»

Wie zeigt sich die Bereitschaft zur Hilfe bei den Radiostationen?
Schlup: «Am Anfang sind viele Stationen mit dem Vorschlag gekommen, wir sollen doch ein Home-Konzert machen. Ich bin nicht unbedingt ein Freund von solchen Sachen. Es ist technisch ein grosser Aufwand und trotzdem kein befriedigendes Konzert. Ich warte lieber auf richtige Gigs. Aber ich weiss zu schätzen: Die Stationen wollten etwas machen. Das ist positiv. Sie haben auch spontane Calls über den Sender laufen lassen. Wie geht es euch da draussen? Viele Radiostationen haben mit Schweizer Produktionen aufgestockt und damit ein Zeichen gesetzt: Wir wollen die Schweizer Musiker unterstützen. Sie haben auch unsere Platten gespielt. Das ist schön als ein kleiner Trost zu hören, wenn eine Band viel Geld und Zeit in eine neue Produktion investiert hat und jetzt nicht auftreten kann.»

Was sind aktuell interessante Neuerscheinungen?
Rolf Schlup: «Es gibt die neue Single 'Im Summärwind' von Sina. Eine Version von 'Lovers Lullaby‘. Der Auskoppler aus dem letzten Album 'Emma‘ war nicht vorgesehen. Der Song bietet aber die genau richtige Möglichkeit, um die aktuelle Stille wenigstens musikalisch passend geniessen zu können. Sina hatte Glück. Sie machte bis Ende 2019 eine grosse Tour mit 'Emma‘. Im Februar 2019 hat sie den Swiss Music Lifetime Award gewonnen, als erste Frau. Jetzt will sie im Oktober, November, Dezember im kleineren Rahmen nachdoppeln mit ihrem Trio und dem Programm 'Mondnacht‘. Bis dann will sie die Zeit gut nützen für Songwriting.»

Das gleiche Rezept hat auch bei Philipp Fankhauser funktioniert.
Rolf Schlup: «Richtig. Philipp Fankhauser hat auch noch Konzerte machen können bis kurz vor dem Lockdown. Diverse Auftritte mussten dann abgesagt werden. Das haben wir ebenfalls überbrückt mit einer Single 'Chasch mer gloube‘. Die Musik ist von Hanery Amman und der Text Fankhausers Andenken an den langjährigen Weggenossen von Polo Hofer und Komponisten der 'Alperose‘. Zu dieser Single von Fankhauser konnten wir den Medien dankbar angenommenes Material anbieten, wie Fankhauser beim Autostoppen Hanery Amman kennengelernt hat und durch ihn eigentlich zum Blues gekommen ist.»

Gibt es auch Artisten, die jetzt lieber ganz pausieren?
Schlup: «Es gibt ein paar, die im Mai rauskommen wollten und jetzt den Release auf September verschieben. Weil sie sich von einem späteren Release die bessere Chance erhoffen, neue Konzerte zu bekommen. Ich sage allerdings auch: Wenn im Herbst alles wieder aufgehen soll, dann werden wir ein grosses Überangebot haben. Das kann auch gefährlich werden. Die Clubs, die alles absagen mussten, sind zuerst ihren Verschiebungen verpflichtet. Diese Ballung wird ein zusätzliches Problem ergeben.»

Das wird vor allem Newcomer treffen?
Rolf Schlup: «Das wird so sein. Die Profis, die schon Jahre von ihrer Musik leben können, die können auch während einer Durststrecke durchhalten. Semiprofessionelle, die noch ihre Nebenjobs benötigen, müssen vielleicht ihre Träume ein bisschen anpassen.»

Rückblickend: Haben die Radiostationen ihre Verantwortung wahrgenommen?
Schlup: «Nicht alle. Was ich wirklich wichtig finde bei dieser Schweizer Musik-Landschaft: Viele Radiostationen spielen nur Sachen, die sich in den Top-50-Hits bewegen. Aber die regionalen Stationen, die könnten sich doch profilieren, wenn sie vermehrt auch Bands aus ihrem Umfeld unterstützen. Ein Lokalradio, das sich so nennt, sollte für mich auch eine lokale Verantwortung zeigen. Auch wenn es Private sind. Die Qualität muss stimmen, aber es dürfte auch ein bisschen Solidarität zum Spielen kommen. Wenn ich bei einer Autofahrt von Genf bis Lugano die identischen gleichen Hits höre, würde mich ein bisschen mehr Abwechslung jedenfalls freuen.»