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Sonntag
03.06.2012

«Die Verschlossene Auster», der Negativpreis der deutschen Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche, geht in diesem Jahr an die Féderation Internationale de Football Association (Fifa) und ihren Präsidenten Sepp Blatter. «Die Fifa hat in den vergangenen Jahren alle Versuche kritischer Journalisten, über Korruption und Ungereimtheiten bei der Postenvergabe zu recherchieren, abgeblockt», begründete Oliver Schröm, Vorsitzender des Netzwerks, den Juryentscheid.

Harte Vorwürfe musste sich Sepp Blatter von Laudator Roland Büchel anhören. Büchel, ehemaliger Fifa-Mitarbeiter und heute für die SVP im Nationalrat, sagte an der Preisverleihung über Blatter: «Dass dieser von Demokratie nicht viel hält, ist augenscheinlich.» Trotz der Schmiergeldzahlungen von mehr als 140 Millionen Franken, die vor vier Jahren gerichtsfest bewiesen worden seien, habe Blatter keine Änderungen beim «völlig intransparenten System von Löhnen, Aufwandsentschädigungen und Boni bei der Fifa» eingeleitet.

Anstatt kritische Medienanfragen zu diesem Thema zu beantworten, belohne die Fifa lieber positive Berichterstattung, so der Laudator weiter. Auch staatliche Institutionen, die sich etwa Korruptionsfällen im Sport widmen sollen, versuche die Fifa durch durchsichtiges Lobbying abzuschwächen.

Die Fifa blieb der Veranstaltung fern, der Kommunikationsdirektor Walter De Gregorio liess aber ausrichten, dass er Austern möge und deshalb gerne gekommen wäre, zurzeit aber in Brasilien weile. Und weiter: «Der Präsident selber verträgt keine Meeresfrüchte, zudem ist seine Agenda proppenvoll. Grundsätzlich glaube ich, dass Sie zu spät sind mit der Auszeichnung. Die Auster hat sich inzwischen geöffnet. Es geht in der Regel eine Weile, bis auch Recherchierjournalisten das merken.» Er weist dabei auf den letzten Fifa-Kongress in Budapest hin.