Eistage im SDA-Land: Als «Richtigstellung» zu einem Interview, das Matthias Hagemann gegenüber Telebasel und watson.ch gegeben hat, veröffentlichte die SDA-Redaktion via Syndicom am Dienstag einen offenen Brief an den Basler SDA-Verwaltungsrat.
In dem fast episch langen Schreiben wehrt sich die Redaktion konkret gegen vierzehn Aussagen von Hagemann. Der SDA-Spitze werfen sie «Managementfehler» vor, die für die Misere verantwortlich sei.
In dem Interview sagte Hagemann zum Beispiel, dass die Agenturkunden «nicht mehr bereit sind, im gleichen Umfang für die SDA zu bezahlen». Der Verwaltungsrat, deren Mitglieder teilweise Vertreter von Grosskunden der SDA sind, habe vor Jahren ein neues Tarifmodell verabschiedet, heisst es in dem offenen Brief dazu. Als es dann darum ging, dieses umzusetzen, hätten sich die Kunden gewehrt.
«Der CEO hat im vergangenen Jahr einen Einführungsrabatt von zehn Prozent gewährt. Dieser Rabatt ist zu einem beträchtlichen Teil Grund für das prognostizierte Defizit im laufenden Jahr», so die SDA-Redaktoren. «Die Ursache für die aktuelle Situation liegt bei Managementfehlern, die jetzt die Redaktion ausbaden soll.»
Dass die Fusion von SDA und Keystone und der Stellenabbau ein «rein zeitliches Zusammentreffen» sei und «sachlich keinerlei Zusammenhang» habe, wie es VR Matthias Hagemann in dem Interview sagte, stimmt aus Sicht der Redaktoren ebenfalls nicht.
Der Verwaltungsrat habe in einem Gespräch mit der Redaktion selbst gesagt, dass er im vergangenen Jahr «seine ganze Energie in die Fusion mit Keystone gesteckt habe». Im Herbst sei das Management dann von den harzigen Tarifverhandlungen mit den Kunden «überrascht» worden.
«Die kurzsichtige Lösung: Man gewährte den Kunden einen Einführungsrabatt, um sie an Bord zu halten. Tarifverhandlungen in wenigen Wochen mit Rabatten und Gratisdiensten wie Video zu beenden, weil man sie wegen Fusionsarbeiten nicht auf dem Radar hatte, sind Fehler des Managements», behauptet die SDA-Redaktion in ihrer «Richtigstellung».
Über die Streitfrage, ob der Verwaltungsrat in den Verhandlungen mit der Redaktion den Sozialplan tatsächlich «aufgebessert» hat, wie es Hagemann behauptete, oder es sich um blosse «Scheineingeständnisse» handelte, wie es von der SDA-Redaktion nach dem Abbruch der Verhandlungen durch den SDA-Verwaltungsrat zu hören war - auch dazu nimmt der offene Brief Stellung.
So hätten sich in dem auf 2,5 Millionen Franken «aufgebesserten» Sozialplan Kosten versteckt, «die nicht in einen Sozialplan gehören» - zum Beispiel Löhne für Personen, denen aus gesetzlichen Gründen noch nicht gekündigt werden konnte.
«Zieht man diese Kosten ab, hat der bisher angebotene Sozialplan einen Umfang von 1,9 Millionen Franken und damit den gleichen Umfang wie vor den Verhandlungen», so die SDA-Redaktion.
Der Aussage, dass der Abbau «ein ganz normaler Vorgang in der privaten Wirtschaft» sei, halten die SDA-Redaktoren schliesslich die «rasende Brutalität, mit welcher der Abbau vonstattengeht» entgegen. Dies sei «nicht normal für ein bisher als sozial geltendes Unternehmen». Es werde «rund eine Million Franken mehr eingespart als aufgrund des Einnahmerückgangs nötig wäre», steht in dem offenen Brief weiter.
«Ein weniger schneller Abbau hätte wohl dazu geführt, dass das Vertrauensverhältnis in die Unternehmensleitung nicht innerhalb weniger Wochen komplett zerstört worden wäre.»