Von Genf über Chur bis nach Basel haben Redaktorinnen und Redaktoren der SDA am Dienstagnachmittag gestreikt.
Selbst die vier Journalisten, die für das World Economic Forum (WEF) nach Davos gereist sind, haben vorübergehend die Arbeit niedergelegt. Man habe Bundesrat Johann Schneider-Ammann mitgeteilt, dass die SDA nicht an seiner Medienkonferenz teilnehmen werde.
Geschätzte 200 SDA-Redaktoren oder mehr, darunter auch viele ehemalige Mitarbeitende der Nachrichtenagentur, sind am Dienstag nach Bern gereist, um öffentlich ihre Sorgen um ihre berufliche Existenz und die Zukunft der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) kundzutun.
Dementsprechend bedrückt war die Stimmung bei der Kundgebung: Die Mitarbeiter waren/sind verunsichert, wie gegenüber dem Klein Report berichtet wurde. Die ungewisse Zukunft geht nicht spurlos an ihnen vorüber, einige SDA-Mitarbeiter seien deshalb «psychisch angeschlagen», so eine Stimme vor Ort.
Unter dem Slogan «L´ union fait la force – Nur zusammen sind wir stark!» sind auch Redaktionsmitglieder aus Chur, St. Gallen oder Genf nach Bern gereist, um geschlossen gegen die SDA-Direktion zu protestieren. Auch prominente Unterstützer waren an der Kundgebung, darunter der ehemalige Vizekanzler und Bundesratssprecher Oswald Sigg, der Schriftsteller Alex Capus oder der Berner Sänger Büne Huber. Weiter in Bern waren die Präsidentin der Grünen, Regula Rytz, oder SP-Nationalrat Matthias Aebischer.
«Es war uns wichtig, dass wir geschlossen streiken», so eine direkt involvierte Person zum Klein Report. Selbst das WEF wurde deshalb vorübergehend nicht abgedeckt. «Wir haben Herrn Bundesrat Johann Schneider-Ammann mitgeteilt, dass wir nicht an seinem Point de Presse teilnehmen werden.»
Andreas Stüdli, SDA-Journalist und Wortführer beim Streik, sagte zum Klein Report: «Wir sind überwältigt von der grossen Teilnahme, das ist ein schönes Zeichen. Wir wollen auch in Zukunft eine starke SDA. Derzeit gibt es keine Garantie, dass nach der Fusion mit Keystone nicht noch mehr abgebaut wird.»
Ganz geschlossen war der Streik allerdings nicht: Denn die SDA-Spitze hat ungewollt Wind von der geplanten Aktion bekommen und daraufhin die Kadermitarbeiter (darunter zum Beispiel alle Rubrikenchefs) instruiert, die Stellung in den Redaktionen zu halten und den sogenannten «Notdienst» zu verrichten. Der grosse Überraschungseffekt verpuffte deshalb.
Auch auf Nicht-Kadermitglieder wurde im Vorfeld des Streiks Druck ausgeübt, jedoch vergeblich. Nachdem die SDA-Direktion erfahren hatte, dass am Dienstag gestreikt werden soll, verschickte sie eine «dienstliche Anweisung», die dem Klein Report vorliegt. Darin steht unter anderem: «Wer streiken will, muss sicherstellen, dass der Streik nicht rechtswidrig ist. Im Übrigen soll er/sie sich der Rechtsfolgen eines gegebenenfalls rechtswidrigen Streiks bewusst sein.»
Unmissverständlich hat die Direktion die Anweisung erteilt, dass über den Nachrichtenkanal der SDA keine «Arbeitskampfmassnahmen» verschickt werden dürfen. Der Kanal dürfe «nicht zweckentfremdet werden.» Zudem wurde Mitarbeitenden, die sich im Streik befanden, untersagt, sich in den SDA-Redaktionen aufzuhalten. «Wer streikt, hat sich aus dem Redaktionssystem auszuloggen, sich beim Inland-Desk abzumelden und die Geschäftsräume anschliessend unverzüglich zu verlassen. Nach Streikende muss er/sie sich beim Inland-Desk zurückmelden.»
Kurz vor 17:00 Uhr erklärte die SDA-Redaktion den Streik für beendet. Die Mitarbeitenden seien jedoch «zu weiteren Kampfmassnahmen bereit», sollten ihre Forderungen nicht erfüllt werden.