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Dienstag
11.08.2009

Vom «Ende der Gratis-News im Internet» hat der australisch-amerikanische Medienunternehmer Rupert Murdoch kürzlich gesprochen und die internationale Medienszene damit in Aufregung versetzt. Soll plötzlich etwas kosten, woran sich das Publikum seit Jahren als Gratisangebot gewöhnt hat? Der Klein Report hat das Stichwort aufgenommen und verschiedene Schweizer Verleger gefragt, was sie von diesem Gedanken halten.

Das Ergebnis: Es kristallisiert sich ein Konsens heraus, dass allgemeine Nachrichten wohl auf Dauer gratis bleiben werden, spezifische Fachinformationen, Vertiefungen, Hintergründe und Kommentare aber (wieder) kostenpflichtig werden könnten. Und alle sind sich einig, dass sie den Markt genau beobachten und rasch reagieren wollen, wenn sich neue Trends abzeichnen.

Einen solchen Trend zu setzen hofft insbesondere der Schaffhauser Verleger und Chefredaktor Norbert Neininger, der das Spezialangebot seiner «Schaffhauser Nachrichten» (Archiv, Hintergrund, grössere Artikel) «so rasch als möglich, vermutlich noch diesen Herbst» nur noch verkaufen will. Als Präsidiumsmitglied des Verbands Schweizer Presse (Verlegerverband) hat er Einfluss, und es lässt aufhorchen, wenn er sagt, er werde die Neuerung «zusammen mit anderen Verlegern» einführen.

Das sind die Statements im Einzelnen:
Jürg Weber, LZ Medien:
Allgemeine Nachrichten werden als Commodity überall und folglich gratis verfügbar sein. Der Vertiefung, sei dies regional oder fachspezifisch, und dem Customizing kann aber durchaus ein Preisetikett angeheftet werden.

Christoph Zimmer, Tamedia:
«Unsere Erfahrungen mit 20 Minuten Online zeigen, dass sich umfassende News-Angebote im Netz durchaus mit Werbung finanzieren lassen. Eine der entscheidenden Fragen ist, wie der Online-Werbemarkt, der in der Schweiz nach wie vor unterentwickelt ist, sich in den nächsten Jahren verändert. Diese Frage ist offen. Wir investieren deshalb weiterhin in die Redaktionen von 20 Minuten Online und Newsnetz, die kostenlos ein umfassendes Nachrichten- und Informationsangebot bieten. Gleichzeitig beobachten wir aufmerksam, wie sich mögliche Bezahlmodelle, beispielsweise in Verbindung mit neuen Geräten, entwickeln und ob sie den Leserinnen und Lesern effektiv einen Mehrwert bieten. Ist das der Fall, werden wir uns solche Angebote ebenfalls überlegen. Nachrichten werden im Netz aber mit grosser Wahrscheinlichkeit immer kostenlos bleiben.

Marco Castellaneta, Konzernsprecher Ringier AG:
«Guter Journalismus kostet Geld», da sind wir mit Rupert Murdoch einig. Demgegenüber steht die Gratis-Kultur des Internets. Wir denken, dass ein einzelner Anbieter dies kaum verändern kann. Wenn nur die Inhalte eines Einzelnen kostenpflichtig werden, werden User ausbleiben und dies wird sinkende Werbeeinnahmen zur Folge haben. Ringier plant zurzeit keine kostenpflichtigen Modelle. Aber wir werden genau beobachten, wie sich kostenpflichtige Content-Modelle im Internet entwickeln und wie die User darauf reagieren.

Lukas Joos, Geschäftsführer Südostschweiz Newmedia AG:
Meiner Meinung nach wird sich ein Mix einpendeln: Gratis-Informationen: Grosse Menge, aber quick and dirty. Von Usern generierter Inhalt: Wird für die Medienhäuser immer wichtiger und umfangreicher - bleibt grösstenteils gratis. Kostenpflichtige Informationen: Hintergrund, Meinungen, Spezialthemen...

Albert P. Stäheli, CEO der AG für die Neue Zürcher Zeitung:
Seitens der NZZ sind wir laufend daran, unsere Online-Strategie zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Dies schliesst Überlegungen zur Preisbildung bzw. der Erhöhung der Wertschöpfung von qualitativ hochwertigen Online-Inhalten mit ein. Wir sind überzeugt, dass die allgemeinen News weiterhin gratis bleiben werden. Bei spezifischen Inhalten, wie zum Beispiel Finanzdienstleistungen, Länderanalysen und Fachkommentaren, ist eine Veränderung aber sehr wohl denkbar.

Matthias Hagemann, Verwaltungsratspräsident Basler Zeitung Medien:
Was man an diesem Vorgang sieht, ist, dass kein Medienmanager auf der Welt eine schlüssige Strategie in diesem Punkt hat. Sogar einer der erfolgreichsten und erfahrensten wie Rupert Murdoch pendelt zwischen «alles gratis» und «alles entgeltlich» hin und her. Das ist das eigentlich Beunruhigende daran.