In der Affäre um den verurteilten Schweizer Ex-Spion Daniel Moser hat der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) gegen geltendes Recht verstossen. Zu diesem Ergebnis gelangte die zuständige Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel), die den Fall in den letzten Monaten aufgerollt hat.
Am 13. März legte die GPDel dem Bundesrat ihren 81-seitigen Bericht vor: Dieser beleuchtet die Hintergründe zweier Aufträge, die der Nachrichtendienst seiner damaligen «Quelle» Daniel Moser erteilt hat. Am 28. April 2017 wurde Moser wegen des Verdachts auf Spionage in Frankfurt am Main verhaftet und im November zu einer bedingten Freiheitsstrafe sowie einer Geldstrafe verurteilt. Seither ist er wieder auf freiem Fuss.
Am Montag, dem 26. März haben die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) beider Räte zugestimmt, diesen Inspektionsbericht der GPDel «ohne die geheim klassifizierten Inhalte» zu veröffentlichen. Das umfassende Schreiben zeigt: Der NDB hat nicht nur zum Teil seine Kompetenzen überschritten, sondern im Gerichtsverfahren auch noch den Schutz seiner ehemaligen Quelle vernachlässigt.
Ein erstes Mal habe der NDB die Dienste von Daniel Moser am 28. Juni 2011 in Anspruch genommen: Moser sollte damals die «ergänzenden Personalien» von drei deutschen Steuerfahndern beschaffen, gegen welche die Schweizer Behörden im Rahmen eines Datendiebstahls bei der Grossbank Credit Suisse ermittelten.
Diese Operation hätte allerdings nicht über den Weg der Auslandbeschaffung, sondern durch die Inlandbeschaffung durchgeführt werden müssen, schreibt die GPDel in ihrem Bericht. «Die Informationsbeschaffung erfolgte deshalb nicht in Übereinstimmung mit dem damals geltenden Recht.»
Der Name Daniel Moser tauchte im August 2012 erneut in den Akten des NDB auf: Damals war die Steuerverwaltung von Nordrhein-Westfalen (NRW) in den Besitz von UBS-Bankkundendaten gelangt. Der Schweizer Spion sollte deshalb für den Bund eruieren, wer für den Datendiebstahl verantwortlich war.
Eine «Subquelle» habe dafür 90 000 Euro verlangt, davon 60 000 als Vorauszahlung. «Am 12. Dezember 2012 wurde dieser Auftrag an Daniel Moser vom Chef der Beschaffung des NDB bewilligt.» Laut Moser habe er danach einen Maulwurf bei der Steuerverwaltung des Bundeslandes NRW eingeschleust. «Als verschiedene Versuche des NDB, Daniel Moser erneut zu kontaktieren, scheiterten, wurde die Operation auf den 31. Mai 2014 eingestellt», heisst es weiter.
Auch in diesem Fall kommt die GPDel zum Schluss, dass eine aktive Informationsbeschaffung vor Ort in Deutschland nicht zulässig gewesen wäre. «Insbesondere wäre der NDB nicht befugt gewesen, über Daniel Moser einen Maulwurf in einer ausländischen Behörde platzieren zu lassen.» Der Dienst habe damit ein «unrechtmässiges Verhalten» in Kauf genommen, auch wenn die GPDel schlussendlich keine Belege für ein «konkretes Tätigwerden» der Subquelle habe finden können.
Im Januar 2015 geriet Daniel Moser schliesslich ins Visier der Schweizer Bundesanwaltschaft. Der ehemalige Spion des NDB wurde nun selber verdächtigt, Schweizer Bankdaten nach Deutschland verkauft zu haben. Bei seiner Einvernahme habe Moser ausführlich über seine Tätigkeiten für den NDB berichtet. Doch über einen Mitbeschuldigten, der im Verfahren Einsicht in die Akten und somit Kenntnis von Mosers Aussagen hatte, gelangten ausgerechnet diese sensiblen Informationen an die deutschen Strafbehörden. Diese verhafteten Moser deshalb am 28. April 2017 aufgrund seiner Spionagetätigkeit für die Schweiz gleich selber.
In diesem Zusammenhang kommt der NDB wieder nicht gut weg: Der Nachrichtendienst habe fälschlicherweise angenommen, dass die Bundesanwaltschaft von sich aus dafür sorge, dass Mosers Aussagen vertraulich behandelt würden. «Der NDB verkennt dabei, dass es nicht in erster Linie Verpflichtung der Bundesanwaltschaft, sondern des NDB ist, sich um die Reputation des Schweizer Nachrichtendienstes zu kümmern und für den Schutz einer ehemaligen Quelle besorgt zu sein», rügt die GPDel in ihrem Inspektionsbericht.
Als Folge dieser Vorfälle richtete die GPDel eine Reihe von Empfehlungen an den Nachrichtendienst, den Bundesrat, die Bundesanwaltschaft und das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).