Ein vom Schweizer Journalisten-Verband organisiertes Panel diskutierte am Dienstagmittag am Filmfestival Locarno über den aktuellen Zustand des Schweizer Films. Für den Klein Report war Filmexperte Rolf Breiner bei der Diskussion im Spazio RSI zugegen. Festivalpräsident Marco Solari wies eingangs darauf hin, dass Locarno nicht nur eine Glamourplattform sei, sondern auch Raum für Filminhalte biete. Die Diskussionsrunde mit dem Filmer Kaspar Kasics, der Swiss-Films-Präsidentin Josefa Haas, dem neuen Filmchef im Bundesamt für Kommunikation, Ivo Kummer, sowie den Filmexperten Vinzenz Hediger (Professor an der Goethe-Universität Frankfurt am Main) und Christian Jungen (Verband der Schweizer Filmjournalisten), der auch das Gespräch leitete, nahm den Schweizer Film in den Fokus.
Ivo Kummer monierte etwa, dass man sich hierzulande zu wenig auf den Film selbst und umso mehr auf Finanzen und Filmpolitik konzentriere. Im Grunde genommen mangle es dem Schweizer Film doch an nichts, provozierte Professor Vinzenz Hediger. Ausser an dem von Kummer geforderten «Mut zum Risiko» oder an der Frechheit, sich wie Michael Steiner mit seinem «Sennentuntschi» Freiräume zu nehmen und aus der Beschaulichkeit auszubrechen - so jedenfalls die Ansicht von Rolf Breiner.
Man war sich in der Runde einig, dass der Schweizer Dokumentarfilm ein sicherer Wert und ein Highlight in der hiesigen Filmlandschaft sei und dass der Markt für Dokumentarfilme und der für Spielfilme sehr verschieden sind. Unverkennbar sei der Einfluss des Fernsehens auf das Schweizer Filmschaffen - in verschiedener Hinsicht. Fernseh- und SRG-Gelder seien die finanzielle Basis, und diese Institutionen nähmen konstant inhaltlich wie formell Einfluss, meinte Filmer Kasics. «Die Jahre der Beschaulichkeit sind vorbei», betonte er. «Wir müssen uns mehr Freiräume gönnen und Mass nehmen an einer gewissen Radikalität. Man muss auch scheitern können», so Kasics weiter.
Klein-Report-Filmexperte Rolf Breiner meint dazu: «Der aktuelle Schweizer Spielfilm ist im Ausland weitgehend inexistent, zumindest an den grossen Festivals in Berlin, Cannes und Venedig. Um international wahrgenommen zu werden, ist der Abschied vom Mittelmass, von Angleichung und Ausgewogenheit notwendig. Doch das Anecken, Herausfordern und Provozieren ist nicht des Schweizers Art. Das jüngste Beispiel dazu liefert der Schweizer «Tatort» vom nächsten Sonntag, der scheinbar geschliffen wurde, um ja nicht bei der SVP anzuecken, oder?