Der Churer Verleger Hanspeter Lebrument rechnet mit weiterem Abbau und Entlassungen bei den Medien. Der 62-Jährige, der am Donnerstag formal das Präsidium des Verbandes Schweizer Presse übernommen hat, malt der Branche trotzdem keine schwarze Zukunft. Die gegenwärtige Wirtschaftskrise gehöre für ihn nicht zu den schlimmsten, sagte Lebrument in Interviews, die am Donnerstag im «Blick» und der «Berner Zeitung» erschienen sind. Es gebe keine grossen Fusionen, keinen Zusammenbruch von Zeitungs- oder Zeitschriften-Titeln. Die wirtschaftliche Baisse treffe vorab die Grossverlage, die von Stelleninseraten abhängig seien. «Viele kleine Verlage sind seit einiger Zeit weniger von Stellenanzeigen abhängig», sagte Lebrument. «Die Zahlen sind harzig, aber viele waren auf diese Krise gut vorbereitet.»
Dass er gleichwohl mit weiteren Entlassungen rechnet, führt er nicht zuletzt auf Projekte zurück, die Verlage auf der Höhe der Konjunktur angeschoben haben: Kostenintensive Internet-, Fernseh- sowie neue Zeitungsprojekte oder Rubriken-Dienste nennt er als Beispiele. «Ich glaube, dass noch sehr stark abgebaut wird.» Die Wirtschaftsflaute wirkt sich auf die Verhandlungen um den neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) zwischen Verlegern und den Verbänden der Medienschaffenden aus. Die Verleger haben ihn gekündigt. Der GAV sei in guten Zeiten ausgehandelt worden, könne in schlechten teilweise aber nicht eingehalten werden.
Nicht allein Sparrunden und Umstrukturierungen in den Medienunternehmen sieht Lebrument als Reaktion auf die Krise. Auch Abonnenten müssten tiefer in die Taschen greifen. «Ich rechne fest mit einer Erhöhung der Abopreise. Die Zeitungsabonnements dürften wohl bis zu 10% teurer werden.» Die Zeitungen seien das wert. Der Schweizer Medienlandschaft attestiert der neue Verleger-Präsident «eine unglaublich hohe Qualität»: «Die Redaktionen besinnen sich auf ihre Stärken und machen spannende, interessante Zeitungen.» Täglich erscheinende Gratiszeitungen sind für ihn «eine Mode-Erscheinung». Die von der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats in ihrem Bericht zu einem Medienartikel in der Verfassung befürchtete Gefahr von Monopolbildungen sieht Lebrument nicht: «Was es aber nicht geben wird, sind Monopole», sagte er mit Blick auf ein sich zwar veränderndes, aber doch «unblaublich buntes Bild von Medien».
Um journalistische Qualität und Meinungsvielfalt zu gewährleisten, brauche es die ökonomische Unabhängigkeit des Mediums. Ebenso wichtig ist laut Lebrument die Unabhängigkeit der Redaktion vom Verlag. Von dem Medienartikel, der zurzeit von den Räten diskutiert wird, hält er nichts. Ebenso lehnt er eine direkte staatliche Presseförderung ab, die die ablaufende indirekte Förderung durch Posttaxenverbilligungen ablösen soll. Der Verband will sein Dossier Presseförderung am Kongress in Interlaken heute Donnerstag vorstellen. Im Zentrum steht die Idee einer Stiftung. Diese Stiftung «würde einerseits die Taxen verbilligen und andererseits Gelder für die Ausbildung sprechen». Der Stiftung sollen «sicher mehr» als die 80 Mio. Franken, die der Bund zurzeit in die verbilligten Posttaxen steckt, zur Verfügung stehen.
Donnerstag
18.09.2003