Das medienpolitische Manifest des Verlegerverbands Schweizer Presse stösst in der Politik auf taube Ohren. Das zeigen die ersten Reaktionen. Um den Vielfrontenkrieg der Verlage - schwindende Inserate, weniger Leser, Konkurrenz durch Gratiszeitungen - zu entschärfen, fordert der Verband bessere Rahmenbedingungen. Darunter eine Befreiung von der Mehrwertsteuer für Medienprodukte, eine Ausdehnung der Vertriebsförderung durch vergünstigte Posttarife und die steuerliche Abzugsmöglichkeit für Abonnementen.
SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr schreibt dazu in der «WoZ»: «Es gibt Geschichten, von denen man weiss, dass sie schlecht enden, bevor sie richtig begonnen haben.» Für absolut wirkungslos hält er etwa den steuerlichen Abzug von Abonnementen, weil sich die Ersparnis beim Abonnierenden lediglich auf ein paar Franken beläuft. Zur Vertriebsförderung meint Fehr, Mitherausgeber der «Schaffhauser AZ»: «Wenn es einen Effekt geben sollte, wird er bei den marktmächtigen Titeln eintreten und die Pressekonzentration beschleunigen.»
Gegenwind kommt nicht nur von linker, sondern auch von bürgerlicher Seite. Laut Natalie Rickli, SVP-Nationalrätin und Vizepräsidentin der Aktion Medienfreiheit, schiesst der Verband mit seinen Forderungen übers Ziel hinaus. Sowohl die Mehrwertsteuer-Befreiung als auch den Steuerabzug von Abonnementen hält Rickli für unsinnig, wie sie gegenüber dem Klein Report sagt. «Es gibt keinen Grund, Medienprodukte gegenüber anderen Branchen steuerlich zu privilegieren.» Auch von der indirekten Presseförderung via Post hält Rickli nicht viel: «Subventionen treiben die Verleger in die Abhängigkeit des Staates.»
CVP-Ständerat und Privat-TV-Verbandspräsident Filippo Lombardi gibt dem Steuerabzug wenig Chancen im Parlament. «Die Idee ist zwar nicht schlecht. Auch in der Bildung gibt es Abzugsmöglichkeiten. Aber meine Kollegen sehen solche Forderungen nicht gern. Denn jeder neue Abzug verkompliziert das ohnehin undurchsichtige Steuersystem zusätzlich.» Der designierte Präsident des Verbandes Schweizer Werbung hält einige Punkte im Manifest für unrealistisch. Trotzdem befürwortet er den Vorstoss grundsätzlich, weil er eine Diskussion anregt und das Bewusstsein für die Bedeutung der freien Medien schärft. «In den letzten Jahren wurden viele politische Entscheide zum Nachteil der Schweizer Presse gefällt», sagt er.
Catherine Mueller, Rechtskonsulentin des Verbands Schweizer Presse, sieht die kritischen Reaktionen als natürlich an, weil sie Teil des Spannungsfelds zwischen Politik und Medien seien. «Politiker sind in Medienfragen einerseits kritisch vorsichtig und andererseits sehr daran interessiert. Politiker und Medien brauchen sich gegenseitig, dies spricht für gute Rahmenbedingungen unter Gewährleistung der Pressefreiheit.» Verbandspräsident Hanspeter Lebrument stellt zufrieden fest, dass das Manifest für Gesprächsstoff sorgt. Zur Kritik möchte er sich nicht äussern, solange keine konkreten politischen Entscheide vorliegen.
Diese sind frühestens im Herbst zu erwarten. Die staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK), die Mitte Juni den Verband angehört hat, beurteilt den Forderungskatalog sehr zurückhaltend. SPK-Präsident Gerhard Pfister (CVP) macht deutlich, dass der politische Wille beschränkt ist. «Die Ohren sind nicht so offen, wie die Verleger das gern hätten.» Einer der Gründe sei folgender: «Wenn, dann geht es uns um die Erhaltung der Medienvielfalt. Doch den Verlegern geht es wohl eher um den Erhalt der Arbeitsplätze. Das ist aus ordnungspolitischer Sicht problematisch.» Die SPK hat einstweilen beschlossen, bei der Revision des Postgesetzes im Herbst die zusätzlichen Vergünstigungen «allenfalls» einzubringen. Die übrigen Forderungen gehen in weitere Kommissionen zur Behandlung.
Montag
06.07.2009



