Die Rahmenbedingungen für die Schweizer Presse haben sich nach Angaben der Verleger in den letzten Jahren drastisch verschlechtert. Innerhalb von 40 Jahren seien der Presse 550 Mio. Fr. jährlich an Einnahmen entzogen oder als Kosten aufgebürdet worden. Mit der Einführung des Werbefernsehens habe die Presse über 300 Mio. Fr. an Anzeigen-Einnahmen an das Fernsehen verloren, sagte der neu gewählte Präsident des Verbandes Schweizer Presse, Hanspeter Lebrument, am Freitag anlässlich seiner Präsidialrede am Jahreskongress der Verleger in Interlaken.
Die Bundesgelder zur Verbilligung der Zeitungstransporttaxen würden im Zeitraum 1995 bis 2007 um 200 Mio. Fr. auf Null zurückgefahren. Zugleich seien den elektronischen Medien auf politischem Wege in regelmässigen Abständen neue Mittel zugeführt worden. Die Einführung des Werbefernsehens und Gebührenerhöhungen hätten dem TV jährlich 1,4 Mrd. Fr. Einnahmen beschert. Die Politik habe sich längst für die Förderung der analphabetischen Medien und gegen die Lesemedien entschieden. Die verschlechterten Rahmenbedingungen hätten dazu geführt, dass die Presse zusammengerückt sei. Kooperationen im Vertrieb, im Druck, in der Elektronik, in der Redaktion und im Marketing seien die Folge.
Als Rohrkrepierer bezeichnete Lebrument den Medienartikel im Wettbewerbsrecht. Er habe die Medienvielfalt nicht gestärkt, sondern geschwächt. Wirtschaftlich habe der Medien-Fusionsartikel im Kartellrecht, der 1996 eingeführt worden war und 2004 klammheimlich wieder entfernt wird, grossen Schaden angerichtet. Das Scheitern habe leider nicht zur früheren, liberalen Pressefreiheit geführt. Im Gegenteil, jetzt wollten nationalrätliche Kommissionen neue Bundesbehörden schaffen, Bundeskommissionen einsetzen und ihnen die Kompetenz geben, die regionale vielfältige Medienlandschaft zu verändern.
Die Schweizer Presse wolle und dürfe nicht zum Spielball einer Gruppierung von Machthungrigen werden, die ihre Parteipolitik in den Mittelpunkt stellten. In der Schweiz gebe es keine Medienkonzentration und keine Medienmonopole. Die Medien- und Meinungsvielfalt sei höchstens von der Politik bedroht. In 26 Kantonen würden heute 220 abonnierte Zeitungen herausgegeben, die mindestens einmal wöchentlich erschienen. 71 Radiostationen, davon seien 49 lokal auf Sendung, und 49
Fernseh-Konzessionen seien vergeben worden. Diese Zahlen widerlegten die Mähr von der Medienkonzentration, sagte Lebrument.
Der Verband Schweizer Presse geht mit dem Dossier «Presseförderung» nunmehr in die Offensive. Er habe darin erstmals seine Vorstellungen über die Beziehung von Presse und Staat veröffentlicht. Die Schweiz solle ein Land bleiben, in dem Medien und Presse unabhängig und frei ihrem Informationsauftrag nachkommen könnten.
Samstag
20.09.2003