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Samstag
14.11.2009

Der eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Hanspeter Thür klagt den Internetkonzern Google ein. Weil Google beim neuen Onlinedienst Street View «verschiedene Massnahmen zum besseren Schutz der Privatsphäre» mehrheitlich abgelehnt habe, kommt es möglicherweise bald zu einem Treffen vor Bundesverwaltungsgericht.

Es seien immer noch «zahlreiche Gesichter und Autonummern aus Sicht des Datenschutzes nicht genügend unkenntlich gemacht oder werden Betroffene in sensibler Umgebung, zum Beispiel vor Spitälern, Gefängnissen oder Schulen, gezeigt», schreibt Hanspeter Thür zu seinen Forderungen, die er Google am 11. September 2009 in einer Empfehlung hatte zukommen lassen. «Google hat mit Antwortschreiben vom 14. Oktober 2009 die Forderungen in weiten Teilen abgelehnt», so der eidgenössische Datenschützer.

Thür, dem das mediale Scheinwerferlicht nicht unangenehm ist, veröffentlicht die Klageschrift in voller Länge im Internet unter www.derbeauftragte.ch. Die Google Inc. hat 30 Tage Zeit, Stellung zu nehmen.

Bereits die Vorinformation von Google an die Bundesbehörde sei unvollständig gewesen: «So kündigte Google bspw. an, hauptsächlich Stadtzentren zu fotografieren, stellte in der Folge jedoch viele Städte flächendeckend ins Internet. In Aussenquartieren, wo die Bevölkerungsdichte auf den Strassen rapid abnimmt, ist das einfache Blurring von Gesichtern aber nicht mehr ausreichend. Dies gilt insbesondere angesichts der Zoomfunktion, die es dem Street-View-Benutzer erlaubt, Personen auf dem Bildschirm herauszuisolieren und zu vergrössern», heisst es weiter.

Weiter stellt er fest: «Auch die Höhe der Kamera auf den Google-Autos, bereits bemängelt in der Empfehlung, ist inadäquat. Dank der Einblicke, die sie über Zäune, Hecken und Mauern gewährt, kann man in Street View mehr sehen als ein gewöhnlicher Passant von der Strasse aus. Damit ist die Privatsphäre in umfriedeten Orten (Gärten, Höfe) nicht mehr gewährleistet.»

Um 10.29 Uhr am Freitagmorgen, 28 Minuten später, antwortet Peter Fleischer, Google Privacy Counsel, in einer an die Medien verschickten E-Mail: «Wir sind sehr enttäuscht, dass der eidgenössische Datenschutzbeauftragte mitteilte, er wolle vor Gericht gehen. Wir halten das für unnötig und glauben, dass Street View vollständig legal ist. Wir haben uns vor und nach dem Launch mit dem eidgenössischen Datenschutzbeauftragten getroffen und unsere Technologie erklärt. Wo gewünscht, haben wir Massnahmen vorgeschlagen, um die Technologie zum Schutz der Privatsphäre zu verstärken und jegliche Bedenken auszuräumen.»

Die Entscheidung sei deshalb bedauerlich und deute für Google darauf hin, «dass sich Hanspeter Thür nicht auf unsere umfangreichen Lösungsvorschläge einlassen will. Wir werden jede Klage energisch anfechten. Street View hat sich in der Schweiz von Beginn an als sehr beliebt erwiesen, und unter dieser Entscheidung leidet einzig die Schweizer Bevölkerung.»