Mit einer Rekordbeteiligung von elf Filmen ist die Schweiz an der Berlinale 2022 präsent gewesen, wie der Klein Report berichtet hat. Gleich zwei mit Laiendarstellern gedrehte Filme aus der Schweiz sind nun zu Festival-Ehren gekommen.
Der Encounters Award für die beste Regie geht an Cyril Schäublin für seinen mit Laien gedrehten Film «Unrueh». Er handelt von Uhrenarbeitern im Jura des 19. Jahrhunderts, die sich unter dem Einfluss des russischen Kommunisten und Anarchisten Pjotr Kropotkin zu organisieren beginnen.
In seiner Dankesrede in Berlin widmete Schäublin den Film allen anarchistischen Uhrenmachern des 19. Jahrhunderts. Diese hätten es verstanden, sich gegenseitig umeinander zu kümmern. Schäublin stammt selbst aus einer jurassischen Uhrmacherfamilie und lebt heute in Zürich.
«Mit einer merkwürdigen und verwirrenden Ruhe lässt der Film die Zuschauerinnen und Zuschauer in einen Moment eintauchen, in dem Ideale der Kollektivität und Anarchismus den Kräften des Kapitalismus begegnen», hiess es in der Jurybegründung.
Die Sektion Encounters zeichnet ästhetisch und strukturell wagemutige Arbeiten von unabhängigen, innovativen Filmschaffenden aus. Ziel ist es, neue Perspektiven des Kinos zu fördern. Mit «À vendredi, Robinson» von Mitra Farahani wurde in derselben Sektion eine Schweizer Koproduktion mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet.
Ebenfalls geehrt wurde der Dialektfilm «Drii Winter» mit einer «Special Mention» im Hauptwettbewerb. Damit wurde der erste Mundartfilm seit 30 Jahren ausgezeichnet.
Gedreht hat der Luzerner Regisseurs Michael Koch in Isenthal im Kanton Uri mit Laiendarstellern. In den Hauptrollen sind der Bündner Bergbauer Simon Wisler und die Urner Architektin Michèle Brand zu sehen.
Hohe Erwartungen hatte auch «La Ligne» der französisch-schweizerischen Regisseurin Ursula Meier geweckt, der Film ging an der Berlinale jedoch leer aus
Auf Twitter freute sich Bundesrat Alain Berset nach der Preisverleihung über die Schweizer Erfolge an der diesjährigen Berlinale mit der Botschaft: «Herzliche Glückwünsche!».
Der Goldene Bär der Berlinale ging an das Drama «Alcarràs» der spanischen Regisseurin Carla Simón. Der Film erzählt vom Alltagsleben einer Familie, die eine Pfirsichplantage betreibt und in Existenznöte gerät.
Die Jury zeichnete am Mittwochabend auch Meltem Kaptan aus. Die türkischstämmige Comedienne, die in Köln lebt, bekam den wichtigsten Schauspielpreis des Festivals. Im Regiedebüt des Schauspielers Andreas Dresen spielt sie in «Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush» die Mutter eines vermeintlichen Terroristen, der nach den Anschlägen vom 11. September ohne Anklage in Guantánamo festgehalten wird.