Die Schweizer Call Centers haben sich etabliert. Das belegt eine wirtschaftswissenschaftliche Lizentiatsarbeit der Universität
Neuenburg. Die Autoren Grégoire Silacci und Sébastien Charpié erklären: «Die Auslagerung (Outsourcing) ist in der Schweiz schwierig. Die Unternehmen möchten nahe an ihren Kunden bleiben.» Der Grund: Die Kunden legen grossen Wert darauf, in ihrer Muttersprache bedient zu werden. «Die Deutschschweizer schätzen es überhaupt nicht, wenn sie Hochdeutsch sprechen müssen», bestätigt Rémy Berzin, Direktor des Call Centers der Firma Digicall aus Denges VD. «Für uns ist es deshalb äusserst wichtig, Personal zu haben, das Schweizerdeutsch spricht.» Die Kundennähe hat aber ihren Preis: Im europäischen Vergleich sind die Schweizer Städte bei den Personalkosten gemäss einer Studie der Unternehmensberater von Ernst & Young die teuersten Standorte.
Das sehen die Gewerkschaften und die Arbeitnehmerschaft anders: Ein halbes Jahr nachdem die ersten Teleoperatricen und -operateure ihre Ausbildung mit einem Diplom abgeschlossen haben, haben erst drei Unternehmen den Geamtarbeitsvertrag (GAV) unterzeichnet. «Es gibt Sklavenhalter und korrekte Arbeitgeber», ziehen die Gewerkschafter über die Schweizer Call Centers Bilanz. «Wir kämpfen vor allem gegen die unregelmässigen Arbeitszeiten, die tiefen Löhne und gegen den psychischen Druck am Arbeitsplatz.» Selbst wenn sich die Branche immer besser organisiere, gebe es immer noch schwarze Schafe, bestätigt auch der Präsident des Branchenverbandes callnet.ch, Patrick Etter. Die Angestellten in der Branche, hauptsächlich Frauen, seien nur schlecht geschützt, erklärt Laurent Nebel, Westschweizer-Sekretär der Gewerkschaft Kommunikation.
Montag
10.06.2002