Lukas Bärfuss hat den Schweizer Buchpreis zugesprochen bekommen. Er erhielt die mit 30 000 Franken dotierte Auszeichnung für seinen Roman «Koala», in dem er den Freitod seines Bruders mit der Kolonialisierung Australiens verknüpft.
Es ist der dritte grosse Preis dieses Jahr für den gebürtigen Thuner. Für sein Gesamtwerk erhielt er im März den mit 20 000 Franken dotierten Solothurner Literaturpreis und im August den Thuner Kulturpreis in Höhe von 15 000 Franken.
Ausserdem schaffte es «Koala» auf die Longlist des Deutschen Buchpreises und die Shortlist des Wilhelm-Raabe-Literaturpreises sowie auf die SWR-Bestenliste.
19 Wochen lang stand das Buch auf der Schweizer Bestsellerliste - und dort dürfte es, wie die Erfahrung aus den bisher sechs Buchpreisverleihungen zeigt, bald wieder auftauchen.
Dabei wollte er eigentlich als Kind Käser werden, wie er 2005 der NZZ verriet. Und im übertragenen Sinn sei er das auch geworden. «Der Käser nimmt etwas Verderbliches, kocht und rührt dies so lange, bis es lagerfähig wird. Beim Schreiben rühre ich das Leben, meine Eindrücke und rühre so lange, bis es haltbar wird.»
In «Koala» ist seine Erzähl-«Milch» der Freitod seines Bruders. «Koala» war dessen Pfadiname, etwas, was den Erzähler zunächst ratlos macht, da der Bruder so gar nichts Kuscheliges an sich hatte. Er war arrogant, abweisend, zeitweise drogenabhängig und vor allem lethargisch.
Das ist es, was ihn mit dem Beuteltier, das 20 Stunden täglich schläft, verbindet: der mangelnde Ehrgeiz. Bärfuss verknüpft das faule Tier mit den Briten, die fleissig Australien eroberten und durch eingeschleppte Krankheiten und Gewalttaten die Aborigines dezimierten.
Ist die nutz- aber auch harmlose Faulheit des Koala dem Ehrgeiz, der über Leichen geht, nicht vorzuziehen, lautet die Schlussfrage?
Eine «kühne» Verbindung grosser Themen wie Suizid, Kolonialismus und Leistungsideologie nannte es die Buchpreis-Jury und urteilte: ein «autonomer Roman eines gestaltungskräftigen Autors».
Lukas Bärfuss ist seit 1997 freischaffender Autor. Seither verfasste er 17 Theaterstücke und drei Prosawerke. Der gebürtige Thuner lebt mit seiner Partnerin und drei Kindern in Zürich.
Geboren wurde er am 30. Dezember 1971. Nach der Primarschule arbeitete er nach eigenen Angaben als Tabakbauer, Gabelstaplerfahrer und Eisenleger, bevor er eine Buchhändlerlehre absolvierte. Nachdem er mit 26 das Diplom erworben hatte, kündigte er die Stelle und nannte sich Schriftsteller.
Ein Stipendium der Lydia-Eymann-Stiftung erlaubte ihm, ein Jahr lang finanziell sorgenfrei zu schreiben. Dabei entstand sein erstes Stück «Sophokles` Ödypus» (UA 1998) für die freie Theatergruppe 400asa. «Meienbergs Tod», ebenfalls für 400asa, machte ihn 2000 bekannt.
Es folgten unter anderen 2003 «Die sexuellen Neurosen unserer Eltern» - dessen Verfilmung Anfang 2015 in die Kinos kommt -, 2005 «Der Bus» und «Alices Reise in die Schweiz», 2009 «Öl» und 2012 «Zwanzigtausend Seiten». Für seine Prosa nahm er sich Zeit: 2002 erschien «Die toten Männer», 2008 «Hundert Tage» und dieses Jahr «Koala».
Bärfuss ruht sich nicht auf seinen Lorbeeren aus, sondern geht auf eine ausgedehnte Lesetournee. Die nächsten Termine: 13.11. in Liestal, 19.11. in Thun, 24.11. in Schaffhausen, 27.11. in Köln, 14.12. in Kassel, 15.12. in Giessen, 5.1.2015 in Pfäffikon, 25.1. in Sarnen, 26.2. in Baden und 27.2. in Balsthal.