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Sonntag
12.12.2010

Monatelang haben sich die Schweizer 2006 und 2007 in die amerikanische Iran-Politik eingemischt. Wie aus den US-Depeschen hervorgeht, drängte Aussenministerin Micheline Calmy-Rey auf eine aktive Rolle der Eidgenossen. Doch Washington war der Vorstoss überaus lästig. Dies meldet das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» auf seiner Website. Weit mehr als bisher bekannt war, ärgerten sich die US-Diplomaten in Bern über die Versuche der Bundesrätin Micheline Calmy-Rey und ihrer Mitarbeiter, sich 2006 und 2007 in den Konflikt um Irans Atomprogramm einzumischen und sich den USA als Vermittler aufzudrängen. Das zeigen die von Wikileaks veröffentlichten vertraulichen Depeschen.

Calmy-Rey entsandte ihren Spitzendiplomaten Michael Ambühl im Februar und März 2007 mehrfach nach Teheran, um die Iraner und die Amerikaner zu bilateralen Verhandlungen zu bewegen. Sie empfing aus dem gleichen Grund auch den iranischen Chefunterhändler Ali Laridschani in Bern. Die USA warnten heftig vor solchem Aktivismus, doch das hielt die Schweizer nicht davon ab, ihre Pläne weiterzuverfolgen, heisst es im «Spiegel»-Bericht weiter.

Die Amerikaner machten sich vor allem Sorgen, weil die Schweiz nach der iranisch-amerikanischen Geiselkrise aufgrund ihrer Neutralität seit 1980 als sogenannte «Schutzmacht» die diplomatischen Interessen der USA in Teheran vertritt: Sie befürchteten, die Schweiz könnte als Beauftragte der Vereinigten Staaten wahrgenommen werden.

Doch die Schweizer Aussenministerin Calmy-Rey versuche seit Jahren, mit einer sogenannten «aktiven Neutralitätspolitik» der Schweiz ein grösseres internationales Gewicht zu verschaffen. Diese Bemühungen waren selbst unter Berner Politikern von jeher umstritten. In der Iran-Politik waren sie offenbar den USA in erster Linie lästig. Botschafter Peter Coneway gab dem Schweizer Staatssekretär Michael Ambühl deutlich zu verstehen, dass die USA von seinen Bemühungen wenig hielten. Ambühl machte klar, dass er unter grossem Druck seiner Außenministerin stehe, schreibt das Nachrichtenmagazin weiter.

Die Schweizer Iran-Initiative begann laut US-Depeschen Ende 2006. Damals forderten auch mehrere prominente US-Politiker, darunter der frühere Aussenminister James Baker, direkte Verhandlungen mit Iran. Am 27. November berichtete Staatssekretär Ambühl US-Botschafter Coneway in Bern von einem Besuch bei Baker in Houston und überbrachte den Rat der Schweiz.