«Roots» war 1977 ein Welterfolg. Gezeigt wurde damals die Familiengeschichte eines schwarzen Amerikaners. Jetzt gibt es eine Neufassung. «Roots» basierte auf einem Roman des schwarzen Journalisten Alex Hailey. Der Produzent und die wichtigste Triebkraft hinter der Fernsehserie war David L. Wolper.
Dessen Sohn Mark hat jetzt quasi die Familientradition weitergeführt und für ein Remake gesorgt. Warum? Weil er das Original zusammen mit seinen Kindern anschaute und feststellte: Leider nicht gut genug.
Also heuerten er und seine Mitarbeiter eine Handvoll Stars an - Laurence Fishburne, Forest Whitaker, Anika Noni Rose, den Rapper T.I. - und machte sich ans Werk.
Den Helden Kunta Kinte spielt diesmal der Engländer Malachi Kirby. LeVar Burton, der in der Urversion den jungen Afrikaner spielte, der in die Sklaverei nach Virginia verkauft wird, gehört dieses Mal zum Produzententeam. Zu sehen ist «Roots» auf dem History Channel.
Zwei schauspielerische Leistungen sind hervorzuheben: die von Malachi Kirby, der athletisch und streitlustig einen sehr überzeugenden Helden verkörpert, und die von Forest Whitaker. Er gibt einen Geige spielenden «Hausneger», der von der weissen Herrschaft damit betraut wird, den jungen Afrikaner zum Sklaven abzurichten.
Die weissen Plantagenbesitzer werden keineswegs als Karikaturen gezeigt - auch hier gibt es solche und solche -, aber naturgemäss werden hier keine schönen Märchen über edle Herrenmenschen aufgetischt, die ihre Sklaven immer anständig behandelt hätten.
Die Grausamkeiten werden nicht voyeuristisch ausgeschlachtet, aber auch nicht weichgezeichnet: Auspeitschungen hatten eben wirklich zur Folge, dass dabei grauenhafte Schnitte im Rücken des Gepeitschten gerissen wurden.
«Roots» war ein Versuch, diese Wunde der unverschuldeten Geschichtslosigkeit zu heilen. Nachdem der Roman erschienen war, entbrannte eine Diskussion darüber, ob Alex Hailey die Geschichte von Kunta Kinte wirklich recherchiert oder vielmehr erfunden hatte, ausserdem wurden Plagiatsvorwürfe laut.
Im Rückblick wundert man sich vor allem über die Kleinlichkeit dieses Streits. Natürlich hat Hailey ziemlich viel erfunden, und natürlich hat er manches plagiiert - na und? Wichtig ist, dass dabei eine ziemlich gute Geschichte herausgekommen ist.
Was bedeutet diese Geschichte jungen Amerikanern von heute? Was bedeutet sie in einer Zeit, in der die Amtszeit des ersten schwarzen Präsidenten der Vereinigten Staaten sich ihrem Ende zuneigt, während sich unter dem Slogan «Black Lives Matter» eine demokratische Protestbewegung organisiert hat, die den Rassismus vieler amerikanischer Polizisten anprangert? Einer Zeit, in der das weisse Amerika die Häufigkeit, mit der Schwarze andere Schwarze totschiessen, nur mit Achselzucken zur Kenntnis nimmt? Man darf gespannt sein.
Dienstag
07.06.2016