Nachdem die Verhandlungen über die Lohnerhöhungen gemäss GAV ergebnislos abgebrochen wurden, haben die Sozialpartner Comedia, Impressum und der Verband Schweizer Presse die Schiedsstelle eingeschaltet. In den vorangegangenen Verhandlungen hatten die Journalistenorganisationen eine Anpassung der Mindestlöhne um 3% gefordert, da in den massgebenden zwei Jahren 2001 und 2002 neben der reinen Teuerung (+1,2%) auch die Erhöhung der Transferkosten (+1%) und die erwiesenermassen gesteigerte Produktivität auf den Redaktionen zu berücksichtigen sind.
Mit Hinweis auf die wirtschaftliche Situation entschied die Schiedsstelle nun, lediglich die aufgelaufene Teuerung zu berücksichtigen und damit real eine Nullrunde vorzunehmen: Die Mindestlöhne der Journalisten werden ab 1. Januar 2004 um 1,2% erhöht. Der Entscheid erfolgte mit Stichentscheid der Vorsitzenden, Renate Schubert. Die wichtigen Fragen zu Produktivitätssteigerung und Strukturerhaltung im Zusammenhang mit Mindestlohndefinitionen seien Gegenstand der anstehenden GAV-Verhandlungen, urteilte das Schiedsgericht gemäss einer Mitteilung der Journalistenorganisationen. Aus diesem Grund ging die Schiedsstelle auch nicht auf die Arbeitgeber-Forderung nach Lohnsenkung um 3,5% ein.
Beide Parteien zeigen sich nun mit dem Entscheid nicht zufrieden: Die Journalistenorganisationen kritisieren, dass der Pressebereich bei den Mindestlohnabschlüssen das Schlusslicht aller Branchen sei und die Verleger weiterhin keine nachvollziehbaren Kriterien und Argumente vorlegen und sich auf vage branchenökonomische Behauptungen beschränken.
Auch der Verband Schweizer Presse ist enttäuscht: «Obwohl die Zeitungs- und Zeitschriftenbranche in ihrer schwierigsten Krise seit 50 Jahren steht und zahlreiche Betriebe mit Verlust arbeiten, wurde die realitätsfremde Forderungsstrategie der Gewerkschaften einmal mehr geschützt. Angesichts des alarmierenden Anzeigenschwunds mit Umsatzrückgängen um 20% wäre es dringend nötig gewesen, diese wirtschaftlichen Realitäten anzuerkennen und die Mindestlöhne zu senken. Bereits Ende 2001 wurden die Mindestlöhne aufgrund eines Entscheids der Schiedsstelle erhöht und betragen derzeit zwischen 5135 und 7411 Franken.» Mit dieser «kurzsichtigen und egoistischen Politik» würden die Gewerkschaften die Arbeitsplätze ihrer eigenen Mitglieder gefährden. Dass die Schiedsstelle nicht korrigierend eingegriffen habe, erhöhe die Zweifel der Verleger an der Tauglichkeit des bisherigen GAV-Verfahrens.
Die neuen Regelung gilt aber nur bis Mitte 2004, da der Verband Schweizer Presse den GAV auf dieses Datum hin aufgekündigt hat. Zur Vorgeschichte und den Aussichten siehe Medienverband/-Gewerkschaft: Presse braucht guten GAV, Schweizer Verleger kündigen GAV mit Journalisten-Verbänden, GAV-Kündigung: Reaktion von SVJ und Comedia, Comedia prüft Kampfmassnahmen
Mittwoch
26.11.2003