Der Super-Medien-GAU scheint grösser, als jemals angenommen: Glaubt man der Sat.1-Sendung «Akte.02» vom Dienstagabend, sind Michael Ringier und sein Verlag einer gut inszenierten Schmierenkomödie aufgesessen, die unter dem Decknamen «operation crossreturn» abgelaufen sein soll. Laut «Akte.02» hat der vorbestrafte Berliner Kaufmann Heinrich Wirtz nicht nur im Namen von Thomas Borer den teuren Lebensunterhalt für die vermeintliche Ex-Geliebte Djamlie Rowe bezahlt (Borer soll dazu auch Vorausleistungen entrichtet haben), sondern mit anderen Köpfen auch einen knallharten Strategieplan ausgeheckt haben, der sich bis ins Detail erfüllt habe. Ringier-Sprecherin Myrta Bugini bestätigte, der Konzern habe von der Geschicht Kenntnis, kommentiere die ganze Sache aber nicht.
Punkt 1 des Ende Juni ausgeheckten 120-Seiten-Plans laut Wirtz auf Sat.1: Rowe musste zum Rückzug ihrer Behauptungen gebracht werden. Wirtz wörtlich: «Dazu stand ein Budget von 150 000 Euro zur Verfügung, verteilt über drei Monate.» Eigentlich hätte jemand aus dem «operation-crossreturn»-Team Rowe einen «hochdotierten Job» besorgen sollen, um ihr dann in einer «Vertrauenssituation in persönlichen Gesprächen, die uns von Herrn Borer gesagte Wahrheit zu entlocken». Doch Rowe wurde bereits im ersten Gespräch - und wohl dem Wink mit den Geldscheinen folgend - schnell überzeugt und unterzeichnete am 7. Juli die zweite Eidesstattliche Erklärung, die ein Verhältnis mit Borer widerrief und für Ringier den «Medien-GAU» auslöste.
Punkt 2 des Strategieplans war die Drohung Borers mit einer Klage in den USA, was er in Günter Jauchs Stern-TV vom 10. Juli auch tat. In ebendieser Sendung (Klein Report berichtete) behauptete Borer auch, er habe nie für Rowe bezahlt, er sei ein «Ehrenmann». Allerdings: Die Frage bezog sich auf die Vergangenheit - nicht auf die Zukunft
Und nach der Ankündigung einer möglichen Klage in den USA, ging alles sehr schnell: Ringier kündigte tags darauf an, man sei an einer Einigung mit Borer interessiert. Und keine drei Tage später war die Einigung erzielt, unter Zahlung von 2,2 Millionen Franken, wie das Magazin «Facts» am Donnerstag schreibt - damit war auch Punkt 3 des ausgeklügelten Strategieplans realisiert: das «financial closing». Von diesen Millionen möchte Wirtz nun übrigens auch noch seinen Anteil, nämlich nicht weniger als die Hälfte. Sein Anwalt Hanns-Ekkehard Plöger auf Sat.1: «Das war eine Privatvereinbarung, die ist nicht schriftlich vereinbart worden.» Doch er kündigte gleichzeitig an: «Das wird die nächste Klage sein.»
Wirtz behauptet nun übrigens, im Besitze der Wahrheit zu sein: «Ich habe die Wahrheit bei unserem letzten Gespräch» mit Borer in seiner Potsdamer Villa erfahren. Borer habe dabei erklärt, «es gebe kein Geld mehr. Die Hälfte habe Shawn schon «weggebracht», und «das Haus musste eingerichtet werden». Und die Wahrheit, die ist, «dass
» Dieses Detail allerdings hat «Akte.02» den Zuschauern vorenthalten. Kurzerhand wurde der Ton abgedreht. Schliesslich will man die Geschichte noch etwas weiter kochen. Und was meint Borer dazu: Der schweigt, weil es ihm seine Anwälte so geraten haben, weiss «Facts». Allerdings reden seine Anwälte: Der Schweizer Borer-Anwalt Peter Bratschi behauptet: «Wir haben Hinweise, dass dies nicht eine Einzelaktion von Wirtz ist.» Es bestehe ein Umfeld, das ein Interesse daran habe, Herrn Borer mit einer Retourkutsche Schaden zuzufügen. Fortsetzung folgt. - Mehr dazu: Borer/Ringier: Geht die Schlammschlacht erst los? und Affäre Borer/Ringier: Klage wegen Betrugs?
Mittwoch
16.10.2002