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Mittwoch
10.08.2016

Werbung

Online-Budgets-Suisa-Sandro-Prezzi-Klein-Report

Die Suisa will stolze 3,3 Prozent vom Brutto-Online-Mediabudget von Werbeauftraggebern einkassieren, wenn die Werbespots mit Musik auch online eingesetzt werden.

Der Schweizer Werbe-Auftraggeberverband (SWA) ist über den neuen Tarif gar nicht erfreut. Bis seine Verhandlungen mit der Suisa abgeschlossen sind, empfiehlt der SWA seinen Mitgliedern, die Suisa-Rechnungen beiseite zu legen. Für den Klein Report kommentiert Sandro Prezzi, Gründer und Geschäftsleiter von Prezzi Media Consulting, der als SWA-Partner den Verband und dessen Mitglieder berät, den neuen Tarif.

Die Suisa erschliesst sich eine neue Einnahmequelle: Online-Werbung. Dabei verlangt sie gemäss ihrem neuen Online-Tarif 3,3 Prozent vom Brutto des Mediabudgets für die Musikrechte in Online-Werbespots. Delikat: Die Eidgenössische Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (ESchK), welche die Tarife der Suisa absegnet, hat den zugrundeliegenden Online-Tarif nicht freigegeben, da sie für das Internet nicht zuständig sei. Der Tarif ist also von den Aufsichtsbehörden weder kontrolliert noch freigegeben.

Im Prinzip verstösst der neue Tarif gegen den von der ESchK freigegebenen, bereits bekannten VN-Tarif der Suisa «für das Aufnehmen von Musik auf Tonbildträger zur Vorführung, Sendung oder Online-Nutzung». Dieser regelt explizit im Absatz 15.1 die Vergütung für die Sendung im Fernsehen, Vorführung im Kino und/oder die Verwendung im Internet. Inbegriffen ist der Einsatz auf Ad-Screens und E-Boards. 

Somit wären die Lizenzen für die Online-Nutzung abgegolten. Der neue Suisa-Online-Tarif ist für Werbeauftraggeber also eine Verdoppelung. Er lizenziert offensichtlich, was mit dem VN-Tarif bereits abgegolten wurde. Das sieht die Suisa jedoch anders.

Im Beschlussprotokoll der ESchK des VN-Tarifs vom 8. Oktober 2015 wird die Sichtweise der Suisa deutlicher: Online-Werbespots seien heute nicht mehr nur ein «Add-on» zu Kino- oder Fernsehwerbung, sondern im Vergleich zu Werbespots im Kino oder Fernsehen als gleichwertig anzusehen. Deshalb sollten für alle Werbespots, unabhängig vom jeweiligen Medium, gleiche Lizenzbedingungen gelten.

Gegen die Gleichbehandlung verstösst die Suisa aber mit dem Online-Tarif gleich selber. Zusätzlich zu den Nutzungsrechten, die mit dem VN-Tarif für alle Medien abgegolten werden (inkl. Online), will die Suisa nun bei den Werbeauftraggebern für die Verbreitung der Werbung im Internet kassieren. Dies ist eine Ungleichbehandlung.

Rückfragen bei verschiedenen Personen der Suisa ergaben sehr unterschiedliche Antworten: «Früher haben wir nur 100 Franken für die Online-Verwendung verrechnet. Das war viel einfacher.» Oder: «Das ESchK ist für Online nicht zuständig, darum müssen wir den Tarif dort nicht absegnen lassen. Online-Werbung war bisher ein `rechtsfreier` Raum, wenn es um die Musikrechte ging. Das wollen wir nun ändern.»

Bei TV und Radio wird diese Frage zwischen der Suisa und den Parteien, welche die Werbung zugänglich machen, also den Sendern, geklärt. Auf die Frage, warum die Suisa die Gebühren statt wie üblich beim Sender (in diesem Fall das Online-Medium) nun bei den Werbeauftraggebern einfordert, gab es eine simple Antwort: «Die Situation im Internet ist viel komplexer. Dort herauszufinden, wer nun der Sender ist, scheint uns schier unmöglich und viel zu aufwändig. Da halten wir uns an den Werbeauftraggeber, der wohl am besten weiss, wieviel er für die Online-Werbung ausgibt.»

Es ist leicht nachzuvollziehen, warum die Suisa auch gerne von den steigenden Ausgaben für Online-Werbung profitieren möchte. Dass sie dazu eine neue Marktordnung kreiert, ist jedoch fragwürdig. Werbeauftraggeber sollen zur Kasse gebeten werden, obwohl sie mit der Verbreitung der urheberrechtlich geschützten Musik direkt gar nichts zu tun haben. Bei allen anderen Medien läuft dies zwischen den Sendern und der Suisa ab. Im Transportwesen würde das bedeuten, dass zum Beispiel die Schwerverkehrsabgaben dem Auftraggeber, dem Handelsunternehmen, verrechnet würden und nicht dem Transporteur.

Stossend ist auch der Umstand, dass mit der Berechnung der Gebühren aufgrund des Mediabudgets - anstatt der Länge des Spots respektive der Musik oder der Anzahl Kopien respektive der Reichweite der Verbreitung - eine neue Grundlage geschaffen wird. Somit profitiert die Suisa zukünftig automatisch im Falle von Preiserhöhungen, auch wenn sie mit der Marktleistung nichts zu tun hat.