Die Story wurde in «Vice», einem amerikanischen Magazin für Livestyle, Kunst und Politik, publiziert. Die Publikation hat heute Ableger in 20 Ländern. Seit 2007 auch in der Schweiz. Man darf also davon ausgehen, dass die Information stimmt. Aber man weiss ja nie.
Die Story jedenfalls ist brisant. So soll eine «gelangweilte Hausfrau» aus China während dreier Jahre mehr als 200 Artikel mit erfundenen Fakten über die russische Geschichte in das Online-Lexikon Wikipedia geschmuggelt haben. Es sei «einer der wohl grössten Schwindel in der Geschichte der Online-Enzyklopädie», schreibt «Vice».
Die Fake-Informationen waren dabei so glaubwürdig aufbereitet, dass sie es auch in andere Sprachversionen des Online-Lexikons schafften.
Die Wikipedia-«Autorin» arbeitete unter dem Pseudonym Zhemao und gab sich als Tochter eines chinesischen Diplomaten in Russland aus. In ihrem Fantasie-Lebenslauf steht, dass sie an einer russischen Universität studiert hat.
Bei ihren Fälschungen ging die wissenschaftliche Hochstaplerin äusserst filmreif vor. Sie vermischte Fakten mit Fiktion und gab sogar Quellen an. Dass in den zitierten Quellen die angegebenen Seiten oft gar nicht existierten, fiel zunächst niemandem auf.
Um die Glaubwürdigkeit zu wahren, erstellte die «gelangweilte Hausfrau» einen Zweit-Account. Über diesen hat sie ihre eigenen Beiträge jeweils bestätigt. Inzwischen ist das System aufgeflogen, aber Fachleute bezeugen den Geschichten wie dem Vorgehen eine unverschämte Raffinesse.
Ein gewisser John Yip, der seit Jahren an der chinesischen Wikipedia mitwirkt, bestätigt: «Die Inhalte, die sie geschrieben hat, sind von hoher Qualität und die Einträge waren miteinander verbunden, sodass ein System entstand, das für sich allein existieren kann.»
Aufgeflogen war Zhemao, als ein chinesischer Schriftsteller bei Recherchen für ein Buch eine nicht existente Silbermine entdeckte. Er löste Alarm aus, und eine Gruppe von Wikipedia-Autoren deckte in der Folge auf, dass es sich bei Zhemaos historischen Fakten zur russischen Geschichte über weite Strecken um Fiktion handelte.
