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Sonntag
01.02.2004

Gerhard Zeiler, Chef des zum Medienkonzern Bertelsmann gehörenden Privat-TV-Senders RTL, hat in einem Interview mit dem deutschen Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» das umstrittene Reality-TV-Format «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!» verteidigt. «Unsere Strategie war, gleich Anfang des Jahres mal zu demonstrieren, wo RTL wirklich steht», erklärte der Senderleiter und zieht nach zwei Wochen heftiger Kritik von Landesmedienanstalten und Feuilletons einen sportlichen Vergleich: «RTL ist das Bayern München des Fernsehens. Als Nummer eins sind wir der Reibebaum der Kritik. Ich zerfliesse da nicht in Selbstmitleid.»

Das Format «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!» verteidigt Zeiler mit dem Hinweis, wonach es in England bereits sehr erfolgreich gewesen sei und und dort sogar einige Fernsehpreise gewonnen hätte. Der RTL-Chef nennt in dem am Wochenende veröffentlichten Interview fünf Faktoren, die zum Erfolg des Formats beigetragen hätten: «Erster Faktor: die gruppendynamische Versuchsanordnung in einem anderen kulturellen Umfeld - das hatte ja etwas von einem soziologischen Experiment. Zweitens: die Schlüsselloch-Perspektive. Drittens: eine gewisse Schadenfreude. Viertens: der Seifenopern-Charakter. Fünftens: die Comedy-Elemente, die bei uns sehr viel stärker waren als im englischen Original.»

Nicht zuletzt deshalb gelangt der TV-Macher zur Feststellung, wonach das Dschungel-Camp «ganz und gar familientauglich» gewesen sei. Zudem wehrt sich Zeiler gegen den Vorwurf, mit dem öffentlichen Aufschrei sei zum Vornherein gerechnet worden. «Hätten wir nur auf die Ökonomie des Formats geschaut, wären wir ja nie im Januar damit rausgekommen, der erfahrungsgemäss einer der werbeschwächsten Monate überhaupt ist.» Das Format zog nach Aussagen des RTL-Chefs «das komplette Programmumfeld nach oben». Das «Nachtjournal» zum Beispiel habe doppelt so viel Zuschauer wie sonst ausgewiesen. «Eine gigantische Werbeleistung. Selbst wenn der eine oder andere Kunde auch bei der zweiten Staffel zögern sollte, wird er in die Programme davor oder danach gehen wollen. Wirtschaftlich war die Show das Beste, was uns passieren konnte», erklärt Zeiler.