Auch nach den versprochenen Änderungen des ungarischen Mediengesetzes bleibt es nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen (ROG) bei inakzeptablen Eingriffen in die Pressefreiheit. Die ungarische Regierung würde das Gesetz nur in Nebenaspekten anpassen. Der Charakter des Mediengesetzes bleibe erhalten. Auch in der novellierten Form bleibe der Quellenschutz nicht gewährleistet und die ungarische Regierungspartei könne weiterhin direkt auf private Medien einwirken, kritisierte ROG am Donnerstag.
«Die EU-Kommission hat mit ihren minimalen Forderungen an Ungarn die Latte so niedrig gehängt, dass die Regierung in Budapest bequem darauf eingehen konnte, ohne die Gängelung auch der privaten Medien aufzugeben», sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. Er warnte davor, es als Erfolg für die Pressefreiheit zu werten, dass der Konflikt zwischen der EU-Kommission und der ungarischen Regierung damit beendet sei. Diese Sicht lasse völlig ausser Acht, dass die EU die massiven Verstösse gegen Grundsätze der Pressefreiheit im ungarischen Gesetz aus formalen juristischen Gründen gar nicht erst bemängelt hat.
So habe die EU die einseitige Zusammensetzung der ungarischen Medienbehörde nicht untersucht, obwohl dort ausschliesslich der Regierungspartei nahestehende Personen eingesetzt worden sind. Reporter ohne Grenzen kam deshalb zu dem Urteil, dass «die EU-Kommission offenbar nicht in der Lage ist, den Grundrechteschutz im Bereich der Pressefreiheit gegenüber Mitgliedsstaaten durchzusetzen».
Die Menschenrechtsorganisation wies zugleich darauf hin, dass Politiker wie der italienische Staatspräsident Silvio Berlusconi und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy für Ungarn schlechte Vorbilder sind. Sie hätten gezeigt, wie selbst bei den Gründungsmitgliedern der EU das Prinzip der Staatsferne gegenüber den Medien erfolgreich ausgehebelt wurde. Beide Regierungen hätten in den vergangenen Jahren öffentlich-rechtliche und private Medien schamlos für ihre Zwecke instrumentalisiert. Es erstaune daher nicht, dass ein kleiner EU-Mitgliedsstaat wie Ungarn sich nicht scheute, diesen Weg ebenfalls einzuschlagen.
Angesichts dieser «besorgniserregenden Entwicklung in der EU» will Reporter ohne Grenzen an seiner Forderung festhalten, das ungarische Mediengesetz ganz zu stoppen. «Die EU macht sich unglaubwürdig, wenn sie Budapest mit diesen kleinen kosmetischen Änderungen davonkommen lässt», sagte Rediske.




